In einer Online-Veranstaltung des Netzwerkes Fokus Tierwohl zum Thema „Energie- und nährstoffangepasste Fütterung von Geflügel“ erläuterte Dr. Reinhard Puntigam vom Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), warum eine Rohproteinabsenkung in der Ration die Nährstoffausscheidungen senken kann.
Warum die Rohproteinabsenkung in der Ration Nährstoffausscheidungen senkt
Die Bedarfsempfehlungen für Geflügel unterliegen einer stetigen Anpassung an den genetischen Fortschritt. Chemisch betrachtet resultiert die Nährstoffversorgung aus umsetzbarer Energie, die durch Stärke (Getreide) in die Ration kommt, und verdaulichen Aminosäuren, die durch Protein (Sojakuchen, Erbse, Ackerbohne, Lupine, Trockenschlempe, Luzerne, Larven) bereitgestellt werden. Aus umsetzbarer Energie und verdaulichen Aminosäuren wird Leistung generiert – also Muskelfleisch oder Eier.
Futterkosten machen 60 Prozent der variablen Kosten aus
Dabei können bereits kleine Abweichungen beim Gehalt an verdaulichen Aminosäuren große Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Geflügelhaltung haben. Nach Dr. Reinhard Puntigam zeigt eine wissenschaftliche Studie, dass eine fünfprozentige Unterversorgung mit Aminosäuren eine deutlich geringere Lebendmasse zur Folge hatte, was sich im Gesamterlös negativ darstellte. Allerdings steigere auch eine Überversorgung den Gesamterlös nicht, da dieses Zuviel nicht mehr verwertet werden könne. Die Fütterung von Geflügel müsse dem Bedarf der Tiere entsprechen. „Weil die Futterkosten mindestens 60 Prozent der variablen Kosten ausmachen, haben sie deutliche Auswirkungen auf den betrieblichen Erfolg“, lautete der Hinweis von Dr. Puntigam.
Leistungen der Legehenne im Zeitverlauf
Legeleistung und Eimasse sind zwischen der 25 und 35 Woche am höchsten und nehmen dann kontinuierlich ab. Der Bedarf an verdaulichen Aminosäuren beschreibt eine ähnliche Kurve. Eine Phasenfütterung, die bis zur 30 Woche mit 170 g Rohprotein in der Ration, bis zur 65 Woche mit 165 g und bis zur 85. Woche mit 160 g arbeitet, bildet Puntigam zufolge den tatsächlichen Bedarf ganz gut ab. „Je stärker wir Rohprotein reduzieren, desto stärker müssen wir auch in den Aminosäuren nachziehen“, sagt Dr. Puntigam. Tatsächlich gebe es keinen Bedarf an Rohprotein, sondern vielmehr einen Bedarf an verdaulichen Aminosäuren. Bei adäquater Supplementierung der Aminosäuren seien bei einer Rohprotein-Reduktion keine Leistungseinbußen zu erwarten. Aktuell seien zwölf Aminosäuren zugelassen – nicht in der Biofütterung, da es sich bei synthetischen Aminosäuren um gentechnisch modifizierte Stoffe handelt.
Wie wirkt sich Rohprotein-Absenkung auf das Tierwohl aus?
Durch die Rohprotein-Absenkung sinkt gleichermaßen die Belastung der Tiere mit Stickstoff und damit auch der Stickstoff-Gehalt im Mist, was nach Ansicht von Dr. Puntigam als positiver Umweltaspekt zu bewerten ist. Im Hinblick auf das Tierwohl ist nach seiner Auffassung der Umstand bedeutsam, dass ein Rohprotein-Überangebot nicht mit der Atemluft, sondern mit Wasser ausgeschieden wird, und eine Rohprotein-Absenkung deshalb trockenere Ausscheidungen zur Folge hat: Trockenere Ausscheidungen steigerten einerseits die Ballengesundheit und senkten andererseits die Ammoniakbelastung der Stallluft, da das Enzym Uricase die Harnsäure noch besser in Ammoniak umwandele, wenn die Feuchtigkeit im Stall vorherrschend ist. Und auch auf die Leistung hätten sich trockenere Ausscheidungen ausgewirkt. In einem Praxisversuch mit Legehennen hätte bereits eine geringfügig erhöhte Ammoniakkonzentration (10 ppm) eine geringere Legeleistung und einen Gewichtsverlust bewirkt, ab 13 ppm habe sich eine erhöhte Anfälligkeit für Lungenerkrankungen ergeben und ab 20 ppm könnte eine Schädigung der Schleimhäute im Atemtrakt die Folge sein. Die Absenkung an Rohprotein in der Ration habe außerdem eine geringere Wasseraufnahme pro Woche zur Folge gehabt. Dr. Puntigam empfiehlt deshalb die Kontrolle der Wasserdaten.
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