Auf der Bioland Geflügeltagung 2024 führte Dr. Amelie Michalke, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Nachhaltigkeitswissenschaft und Angewandte Geographie, Universität Greifswald, in das Konzept der Real-Bepreisung von Lebensmitteln ein.
Externe Kosten von Lebensmitteln
Kerngedanke des Konzeptes ist: Viele Lebensmittelpreise sind zu niedrig, da externe Kosten, wie Auswirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft, nicht von denen bezahlt werden, die die Lebensmittel konsumieren, sondern von der Gesellschaft als Ganzes. Dr. Michalke gehört der einzigen Arbeitsgruppe in Deutschland an, die sich mit diesem Thema beschäftigt.
Dr. Michalke betont die Relevanz der Landwirtschaft und wieviel Verantwortung der Sektor trägt. Die Arbeit an den Realpreisen sei unter anderem wichtig, damit die Landwirtschaft die Wertschätzung erhält, die sie verdient. Relevant werden die Überlegungen zu Realpreisen dann, wenn man sich die durch die Landwirtschaft verursachten Umweltschäden (Treibhausgasemissionen, Landnutzung, Entnahme von Süßwasser oder Eutrophierung) vor Augen führt und den Umstand, dass diese vor allem auf nicht nachhaltig produzierte Lebensmittel zurückzuführen sind.
Beispiel: Verteilung der Landfläche
Am Beispiel der Verteilung der Landfläche zeigt Dr. Michalke auf, dass 77 % der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche für die Tierhaltung benötigt werden, dass die daraus resultierenden Produkte nur 18 % des weltweiten Kalorien-Bedarfes und nur 37 % des Protein-Bedarfes decken.
Wie bestimmt man die wahren Preise?
Die Bestimmung der wahren Preise basiert auf komplexen Modellen, bei denen Kosten, die normalerweise nicht verrechnet werden, dem Marktpreis addiert werden; auf diese Weise sollen Marktfehler ausgeräumt werden. Als Beispiele für die nicht verrechneten Kosten nennt Dr. Michalke eine Landänderung, bei der Regenwald gerodet wird, um Ackerfläche zu generieren. Wird diese Fläche renaturiert, trägt die Gesellschaft üblicherweise die Kosten. Ein anderes Beispiel sind durch Düngemittel verunreinigte Flüsse, für deren Reinigung regelmäßig der Staat aufkommt. Rechnet man diese Faktoren ein, werden Lebensmittel aus nichtnachhaltiger Produktion deutlich teurer.
TCA – True Cost Accounting
TCA ist eine Kostenrechnung, die die verursachten gesamtgesellschaftlichen Kosten berücksichtigt, indem neben direkten Produktionskosten auch ökologische und soziale Folgekosten in den Produktpreis eingerechnet werden. Diese Theorie baut auf vier Säulen auf: Identifizieren, Messen, Bewerten und Kommunizieren.
Die Bewertung erschafft einen monetären Kostenwert, der dann als Aufschlag auf den Marktpreis kommuniziert werden kann, da die teilweise deutlich höheren Preise mehr Aussagekraft haben als ein rein theoretisches Konzept. Mit diesen Real-Preisen können Politik und Gesellschaft auf das grundlegende Problem aufmerksam gemacht werden, wie es in der sogenannten Penny-Kampagne schon geschehen ist.
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