Stellen Mobilställe eher eine Chance oder doch eher ein Risiko für das Tierwohl von Legehennen dar? Diesen Fragen gehen Wissenschaftler im Projekt MobiWohl nach. Katrin Dorkewitz vom Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften an der Universität Kassel berichtete auf der Bioland Geflügeltagung am 1. März 2023 von den Erkenntnissen, die zur Halbzeit des Projektes MobiWohl schon gewonnen werden konnten und nahm Stellung zu den Fragen, die das Projekt bis jetzt aufgeworfen hat.
Projekt MobiWohl: 82 Prozent der Tiere sind zu leicht

Tierwohlindikatoren des MTool nach zwei Besuchen
Um das Tierwohl in Mobilställen zu untersuchen, werden die Tierwohlindikatoren des MTool herangezogen. Nach diesen Vorgaben werden die Tiere auf Auffälligkeiten überprüft. Jeder Betrieb, der sich am Projekt MobiWohl beteiligte, wurde bisher einmal im Winter und einmal im Sommer besucht. Da dieselbe Herde begutachtet wurde (und mit Jungtieren begonnen wurde), waren die Tiere im Sommer älter als im Winter.
Trotz einiger Auffälligkeiten (Kopfverletzungen und hellere Kämme im Winter, mehr Brustbeinschäden und Fußballenveränderungen im Sommer) war nach Aussagen von Katrin Dorkewitz kein wirklicher Trend in Bezug auf das Tierwohl zu erkennen. Die (Verletzungs-)Werte seien jedoch deutlich niedriger gewesen als aus der Literatur oder aus Festställen bekannt. Viele Verletzungen seien eher auf das höhere Alter im Sommer als auf die Haltungsform oder die Herdengröße zurückzuführen. Der Wurmbefall sei im Sommer höher als im Winter gewesen, aber sehr gering und für das Tierwohl unkritisch. Auch der Milbenbefall im Stall habe im Sommer zugenommen, hier sei aber ein unterschiedliches Management (unabhängig von der Haltungsform) der entscheidende Faktor gewesen.
Größtes Problem in Mobilställen: Tiergewichte
Als größtes Problem kristallisierte sich der Anteil zu leichter Tiere heraus, wobei die Einstufung „zu leicht” als Abweichung von 10 % unter dem Sollwert definiert worden war. Im Sommer waren durchschnittlich 82 % der 50 pro Betrieb gewogenen Tiere zu leicht.
Vor Öffnen des Auslaufs viel Futter geben
Für die schlechte Gewichtsentwicklung wurden laut Katrin Dorkewitz einige mögliche Ursachen identifiziert. Beispielsweise würden in den Mobilställen oft weder Lichtprogramm noch Fütterungszeiten von der Aufzucht übernommen und die Tiere benötigen eine gewisse Zeit, um den plötzlichen Wechsel zu verarbeiten. Außerdem werde die Gewichtsentwicklung, die die Junghenne durchlaufe, bis sie eine Legehenne sei, häufig nicht erfasst. Auch eine Phasenfütterung sei schwierig, da nur ein Silo vorhanden sei. Als Problem habe sich auch herauskristalisiert, dass in der überwiegenden Zahl der Mobilställe keine Kontrolle der täglichen Futteraufnahme möglich war und diese lediglich über das Nachfüllintervall erfolgte. Die meist gute Auslaufnutzung im Mobilstall führe dazu, dass währenddessen kein Legefutter gefressen werde. Daher sei es besonders wichtig, dass Hennen vor dem Auslaufzugang eine hohe Tagesmenge an Futter aufnehmen. Einige Betriebe sammeln Erfahrungen mit Futterrufern, die piepsen, wenn die Futterkette anspringt. Die Hennen können auf diesen Alarm reagieren, da die Lüftung der Ställe oft das Geräusch der Futterkette übertönt.
Leitfaden für die Mobilstallhaltung
Aus den bisher gesammelten Daten erstellen die Wissenschaftlerinnnen und Wissenschaftler derzeit eine Risikoanalyse, um Schwachstellen in Haltung und Management von Mobilställen zu identifizieren. Die Betriebe erhalten Beratung, um betriebsindividuelle Lösungsansätze zu entwickeln. Die Optimierungsmaßnahmen werden auf freiwilliger Basis umgesetzt. Im Winter und Sommer 2023 werden die Betriebe erneut besucht. Die Erkenntnisse des Projektes werden als Grundlage dienen, um einen Beratungsleitfaden für die Mobilstallhaltung zu entwickeln.
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