Mammut-Biogasanlage am Küstenkanal: „Es gibt ausreichend Gülle und Mist“

10 Juli 2023
Energie
Biogasanlage

In Niedersachsen am Küstenkanal entsteht derzeit eine der größten Biogasanlagen Europas. Aus jährlich bis zu 1 Mio. Tonnen Wirtschaftsdünger der Region soll Grüner Kraftstoff entstehen. Gülle und Mist (auch Geflügelmist), so die Betreiber, stehen ausreichend zur Verfügung.

In Niedersachsen, genauer am Küstenkanal im Norden des Landkreises Cloppenburg, entsteht derzeit auf 13,5 Hektar Fläche eine der größten und modernsten Biogasanlagen Europas. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit soll der erste Bauabschnitt in diesem Herbst in Betrieb genommen werden. Frühestens 2025 soll nach jetzigen Planungen der zweite Teil fertiggestellt sein. Insgesamt können in der Anlage dann bis zu 1 Mio. t Wirtschaftsdünger verarbeitet werden. Ein Drittel davon soll Geflügelmist sein.  

Für Planung und Bau der Anlage ist das Unternehmen revis bioenergy GmbH aus Münster verantwortlich. Betreiber wird die neugegründete nordfuel GmbH sein.

Seit den ersten Plänen für die Biogas-Großanlage am Küstenkanal sind die Tierzahlen in der Region (Weser-Ems) merklich zurückgegangen. Hinzu kommt eine bessere regionale Verteilung und/oder Aufbereitung der Gülle. Außerdem hat organischer Dünger deutlich an Preiswürdigkeit gewonnen durch die immens gestiegenen Kosten für mineralischen Dünger.

Wirtschaftlicher Betrieb trotz gestiegener Rohstoffkosten

Wir fragten revis-Geschäftsführer Simon Detscher, wie sich die geänderten Bedingungen am Rohstoffmarkt auf den Betrieb der Anlage am Küstenkanal auswirkt: „Die geänderten Konditionen haben keinen Einfluss auf unsere Planungen“, sagt Simon Detscher und: „Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau und wir bieten unseren Partnern Marktpreise mit langfristiger Planbarkeit für beide Seiten.“ Die gesamte Investition am Küstenkanal sei auf Langfristigkeit ausgerichtet. Nach Auffassung des Geschäftsführers werde ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage immer möglich sein.

„Alleine in den drei Landkreisen Cloppenburg, Vechta und Emsland, die sich um den Standort verteilen, fallen jedes Jahr 11,7 Mio. Tonnen Wirtschaftsdünger an. Diese werden laut Nährstoffbericht 2021/2022 für Niedersachen nur zu etwa 14 % energetisch genutzt. Somit liegt nach wie vor ein ausreichendes Rohstoffpotential vor,“ betont Detscher.

Zudem wollten die EU sowie die deutsche Bundesregierung die Vergärung von Wirtschaftsdünger explizit fördern. Und die hiesige Tierhaltung befinde sich auf dem Weg zu mehr Tierwohl. „Betriebe, die auf eine Strohhaltung umstellen, finden in uns einen langfristigen Partner zur Abnahme der anfallenden Miste,“ sieht er weiteres Potential.

Input von 1 Mio. Tonnen Wirtschaftsdünger pro Jahr

Mit dem Input von 1 Mio. Tonnen Wirtschaftsdünger können in der neuen Anlage künftig pro Jahr bis zu 700 Gigawattstunden Biomethan bzw. 50.000 Tonnen Bio-CNG (CNG=Compressed Natural Gas) erzeugt werden. In der Endausbaustufe ist geplant, dass die nordfuel GmbH im Jahr etwa 690 GWh Biomethan ins Netz einspeisen und grünen Kraftstoff CNG/LNG herstellen wird. Der Kraftstoff wird somit in ganz Deutschland einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehr leisten. Bio-CNG ist ein CO2-neutraler Kraftstoff speziell für den Schwerlastverkehr, bei dem eine Umrüstung auf Elektroantrieb aktuell nicht darstellbar ist.

Das erzeugte Bio-CNG soll künftig auch von den eigenen LKWs für die Abholung des Wirtschaftsdüngers getankt werden. Zur Veranschaulichung: 50.000 Tonnen Bio-CNG reichen aus, um zum Beispiel gut 2.500 CNG-LKWs mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 75.000 km pro Jahr zu versorgen.

"„Wir bieten unseren Partnern Marktpreise mit langfristiger Planbarkeit für beide Seiten.“ Simon Detscher, revis-Geschäftsführer"

300 Lieferanten von Gülle und Mist aus der Region

Nach Information von revis kommt der Wirtschaftsdünger von rund 300 Partnerbetrieben im Umkreis von bis zu 50 km um die Anlage, mit einigen Ausnahmen von bis zu 100 km.

Das bei der Produktion von Bio-CNG ebenfalls anfallende "grüne" CO₂ wird vermarktet. Es kommt unter anderem bei der Trockeneisproduktion, als Füllung von Feuerlöschern oder auch in der Getränkeindustrie zum Einsatz. In der Mammut-Biogasanlage am Küstenkanal werden bei voller Produktionskapazität rund 8.000 Tonnen flüssiger Ammoniak als Reststoff verbleiben. Dieser bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten – revis legt hier den Schwerpunkt auf die Verwendung des flüssigen Ammoniaks als weiteren grünen Kraftstoff.  

Nach Einschätzung von Simon Detscher wird die Bedeutung Grüner Kraftstoffe, die in Deutschland hergestellt werden, angesichts der weltweiten Veränderungen im Rohstoffmarkt weiter zunehmen: „Unser Unternehmen revis ist nicht nur Vordenker, sondern leistet schon heute einen Beitrag für das erfolgreiche Gelingen der Energie- und Verkehrswende im Herzen Europas,“ sagt der Geschäftsführer selbstbewusst.

 

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: revis

Reagieren

Geflügelnews lädt Sie ein, auf Artikel zu reagieren und schätzt Reaktionen mit Inhalt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, beleidigende oder kommerziell motivierte Reaktionen ohne Angabe von Gründen zu entfernen.