Dynamische Wallboxen: Mehr Eigenstrom aus der PV-Anlage
Viele Geflügelställe haben Solardächer. Mit einem E-Auto oder auch einem E-Hoftrac und einer dynamischen Wallbox kann mehr Eigenstrom davon genutzt werden. Künftig könnte das Elektroauto auch als Steckdose dienen.
Elektroautos werden zuhause meist über eine Wallbox geladen. Im Prinzip ist das eine simple Steckdose. Wer als Landwirt seine Stalldächer mit einer Photovoltaikanlage bestückt hat, sollte eine dynamische Wallbox verwenden. Davon ist Christian Logemann überzeugt. Der junge Elektroinstallateur und Solarteur aus dem niedersächsischen Lembruch (Landkreis Diepholz) hat bereits mehrere solcher dynamischen Wallboxen installiert.
Der große Vorteil: Während die Standard-Wallbox nur mit einer eingestellten Leistung von 11 kW lädt, kann eine intelligente Wallbox das Elektroauto oder auf dem landwirtschaftlichen Betrieb zum Beispiel ebenso den E-Hoftrac auch ausschließlich mit dem Überschuss der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) speisen. So wird dynamisches Laden möglich und es muss kein teurer Strom aus dem Netz bezogen werden.
Eigenverbrauch um bis zu 45 Prozent erhöhen
Christian Logemanns Erfahrungen zeigen: Durch die dynamische Wallbox lässt sich der Eigenverbrauch um bis zu 45 Prozent erhöhen. „Die Ladeleistung wird stets an die PV-Erzeugung angepasst“, betont der Solarteur. Dazu wird die sogenannte Überschussenergie genutzt. Das ist Energie, die von der Solaranlage produziert wird und übrigbleibt, nachdem die anderen Abnehmer wie Wohnhaus oder Stall versorgt worden sind.
Gerade auf dem landwirtschaftlichen Betrieb wird es künftig neben dem E-Auto auch weitere Fahrzeuge etc. geben, für die der eigene Strom der PV-Anlage genutzt werden kann
Mithilfe der dynamischen Wallbox lässt sich dieser überschüssige Strom aus der hauseigenen Photovoltaikanlage ganz einfach in das E-Fahrzeug übertragen. Es wird genau die Menge an Energie geladen, die der Überschussenergie entspricht. Das Laden dauert so zwar etwas länger, aber es muss keine Energie aus dem Versorgungsnetz bezogen werden. In der Batterie landet ausschließlich die selbst erzeugte Sonnenenergie.
Die Information, ob und wie viel Energie aktuell als Überschuss erzeugt wird, erfasst ein separater Zähler am Hausanschluss und wird von der Wallbox direkt verarbeitet. So lässt sich eine einfache Regelung für das solare Laden realisieren, ohne Energiemanagementsystem und völlig unabhängig vom Hersteller der PV-Anlage. Anhand einer Verlaufskurve können die selbst erzeugte Solarenergie an einem sonnigen Tag oder die verbleibende Überschussenergie nachvollzogen werden.
Überschussenergie und Netzstrom kombinierbar
Die Ladekurve der dynamischen Wallbox ordnet sich dieser Erzeugungsleistung unter. Es wird also nur so viel Energie geladen, wie auch selbst produziert wird. Ist die Batterie nahezu vollständig geladen, begrenzt das Fahrzeug selbstständig den Ladestrom und lädt schonend zu Ende. Dauert es einmal zu lange und man möchte nicht warten, bis das E-Fahrzeug allein durch überschüssigen Solarstrom geladen ist, kann die dynamische Wallbox auch Überschussenergie und Netzstrombezug kombinieren.
Weitere Ideen für die Zukunft
Überschussenergie kann auch durch ein zentrales Heim-Energiemanagementsystem (HEMS) gemanagt werden. Dieses kann die verschiedenen Stromverbraucher im Gebäude und die Ladung des E-Fahrzeugs koordinieren. In einem solchen Aufbau wird die Wallbox per übergeordnetem Energiemanagementsystem intelligent über eine Schnittstelle gesteuert – das ist dann ideal, wenn sich ein landwirtschaftlicher Betrieb ein hohes Maß an Unabhängigkeit in der Energieversorgung wünscht. Heim-Energiemanagementsysteme haben viele Funktionen: Sie ermitteln und analysieren den Energieverbrauch, zeigen auf, wo sich Energie einsparen lässt und sorgen im Endeffekt dafür, dass die Energieeffizienz im Eigenheim dauerhaft steigt.
Überschüssige Energie für Wärmeerzeugung nutzen
Christian Logemann hat noch weitere Ideen, wie sich die Energieversorgung für Haus und Hof unabhängiger vom Energieversorger gestalten lässt. Denn genau wie mit der intelligenten Wallbox lässt sich die überschüssige Energie auch für die Wärmebereitstellung nutzen, etwa in Verbindung mit einer Wärmepumpe. Durch die zusätzliche Nutzung des überschüssigen PV-Stroms amortisiert sich die PV- Anlage deutlich schneller. In Verbindung mit einem Batteriespeicher kann die Wärmepumpe auch nachts mit dem tagsüber auf dem Dach produzierten Strom betrieben werden.
Wallbox Elektroauto
Das E-Auto zur Steckdose machen
Auch das E-Auto könne so zur Steckdose werden, um damit andere Geräte zu betreiben. Aktuell verfügbar ist diese Technologie in diversen Fahrzeugmodellen von Hyundai-Kia mit 3,6 kW, Ford und MG mit 2,4 kW. Die Schnittstelle vom Auto kann jedoch nicht direkt mit dem Haushaltsstrom verbunden werden. Das funktioniert wiederum bei einer weiteren Option der Zukunft, die „Vehicle2Grid“ genannt wird. Dabei wird die Fahrzeugbatterie netzdienlich verwendet und kann dem Netzbetreiber als Regelenergie dienen. Logemann rechnet in einem Beispiel vor: Eine Millionen Elektrofahrzeuge mit einer Akkukapazität von jeweils 50 Kilowattstunden entsprechen einer Batteriekapazität von 50.000 Gigawattstunden. Mit dem zeitabhängigen Laden kommt es zu einer Verschiebung der Lasten. Zugleich erfolgt das Laden zu günstigen Strompreisen. Möglich ist dies mit einem digitalisierten Stromnetz.
Leider ist die diesem Frühjahr die Förderung für Betriebs-Ladesäulen ausgelaufen. Man rechnet zwar mit neuen Förderungen, wie und wann diese kommen, ist derzeit aber noch ungewiss.
Thomas Gaul
Thomas Gaul
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