Bränden vorsorgen: Zwölf Hotspots bei Geflügelställen
15 August 2024
Stallmanagement
Immer mal wieder gerät ein Stall in Brand. Gut, wenn keine Tiere zu Schaden kommen. Schlecht, wenn Versicherungsleistungen gekürzt werden. Dann kann sogar die Existenz auf dem Spiel stehen. Wir geben Tipps, dass weder das eine noch das andere passiert.
„Wer einmal erlebt hat, wie ein Stall voller Tiere verendet, wird das sein ganzes Leben lang nicht mehr los.“ Das sagt Wilfried Bouws aus eigener Erfahrung in Kindertagen. Und: „Wenn ein Stall in Brand gerät, ist das Feuer in der Regel nicht mehr zu stoppen.“
Wilfried Bouws ist Agrar-Experte bei der R+V Versicherung, die Zeichnung von Feuerversicherungen bei großen Mastgeflügel- und Legehennenanlagen zählt zu seinen Aufgaben. Im Vorfeld berät er Betriebe zur Prävention: Was kann getan werden, damit weder Tiere noch Menschen durch einen Brand zu Schaden kommen?
Aus dem Tagesgeschäft weiß der Agraringenieur zudem, dass die Schadenssummen bei Stallbränden über die Jahre stark gestiegen sind. Bei Kürzungen von Versicherungsleistungen kann in der kapitalintensiven Landwirtschaft heute sogar die berufliche Existenz auf dem Spiel stehen.
In der Geflügelmast umfasst eine Anlage oft mehrere Ställe nebeneinander. Selbst wenn nur ein Stall brennt, liegen die Tierverluste in der gesamten Anlage meist bei 100 Prozent, da die Rauchgase auch die Tiere in den benachbarten Ställen treffen. Wilfried Bouws nennt zwölf wichtige Bereiche, die jeder Geflügelhalter im Blick haben sollte:
1. Beheizung
Die Heizung ist bei Bränden in Geflügelställen oft Ursache. Vielfach sind noch Gaskanonen mit offener Flamme im Einsatz. Das macht sich bei den Versicherungsprämien bemerkbar. Bouws empfiehlt, auf geschlossene Geräte mit Rauchgasabführung umzustellen.
Alle Gaskanonen müssen vor jeder Stallneubelegung gründlich gereinigt und von Staub und Verkrustungen befreit werden. Für das Innere der Kanonen kommen Lanze und Hochdruck zum Einsatz. Die Gasanschlüsse sind auf Dichtigkeit zu prüfen, die Zündsysteme auf Funktionssicherheit.
Bouws empfiehlt, Gaskanonen einmal jährlich vom Installateur überprüfen zu lassen.
Bei jeder Art Gaskanone muss im Ausblasbereich eine Brandschutzzone von 5 x 3 m frei von Einstreu und brennbaren Stoffen bleiben. Eine Umrandung von 20 cm Höhe verhindert, dass Tiere dort Einstreu hintragen.
Wer für seinen Stall eine Holzhackschnitzelheizung nutzt, muss diese in ausreichendem Abstand zum Stall platzieren.
Wilfried Bouws, R+V Versicherungen
2. Stallumfeld
Wilfried Bouws sieht immer wieder, dass direkt am Stall Materialien gelagert werden. Brandlasten direkt am Gebäude, wie etwa Paletten, haben Kaminwirkung, wenn sie anfangen zu brennen.
Eine Kadaverlagerung mit Kühlung ist eine gute Sache, sie darf allerdings nicht direkt am Stall stehen. Die Kühlung läuft im Dauerbetrieb, das birgt die Gefahr von Kurzschlüssen etc. Manche Betriebe nutzte Mülltonnen oder andere Plastikbehälter, um die Kadaver aufzubewahren. Diese sollten nicht direkt außen am Stall stehen, sondern im Abstand von mindestens 5 m. Freie Flächen um den Stall reduziert die Brandgefahr deutlich.
3. Notstromaggregat
Zwangsbelüftete Ställe müssen über Notstromaggregate verfügen. In acht von zehn Fällen gibt es Mängel, weil beim Aggregat Kartonagen, Regale mit Material oder Ersatzteilen in Kartons stehen. Das darf nicht sein. Oft sind die Räume auch ungeeignet, etwa weil Wände oder die Decke nicht aus einem feuerbeständigem Material sind.
4. Elektrische Anlagen
Alle Elektroanlagen und -geräte müssen regelmäßig gewartet werden. Das gilt auch für Elektrokleingeräte wie Radios, Akkus oder Akkuladegeräte. Letztere sollten nicht laufend am Stecker hängen. Es kann zu Überhitzung kommen. Besser ist es, eine Zeitschaltuhr dazwischen zu schalten, so dass der Strom nach zwei, drei Stunden unterbrochen wird.
In Legebetrieben wird oft mit batteriebetriebenen Hubwagen gearbeitet. Das Ladegerät darf nicht auf brennbarem Material wie Holz stehen. In 2,50 m Umkreis des Geräts dürfen keine brennbaren Stoffe stehen. Eine Kennzeichnung mit Klebeband auf dem Boden macht das für jeden sichtbar. Beim Aufladen soll der Abstand zwischen Ladegerät und Akku mindestens 1 m betragen.
5. Rauchverbot
Rauchen in landwirtschaftlichen Betriebsräumen ist verboten! Entsprechende Schilder sollten darauf hinweisen. Als Verantwortlicher muss man auch Mitarbeiter von Fremdfirmen wie Reinigungskolonnen etc. darauf hinweisen. Gut ist, Möglichkeiten für das Rauchen draußen vorzuhalten, die mit Metallascher ausgestattet sind.
Gaskanonen müssen vor der Stallneubelegung gründlichst gereinigt werden, auch innen.
6. Feuerlöschgeräte
In allen landwirtschaftlichen Gebäuden sind Handfeuerlöschgeräte Pflicht. Sie sollten in richtiger Höhe (80 bis 100 cm Höhe) angebracht sein und regelmäßig von Fachfirmen gewartet werden. Bouws Empfehlung: Mit allen Mitarbeitenden regelmäßig die Handhabung üben. Das gibt Sicherheit für den Ernstfall.
7. Photovoltaik-Anlagen
Sehr viele Stalldächer haben Photovoltaik-Anlagen. Die Wechselrichter dazu müssen frei stehen (2,50 m Umkreis) und auf nicht-brennbarem Untergrund montiert sein. Befinden sich Holzsparren unter der Anlage, müssten diese verkleidet werden.
Laut Bouws nehmen die Fälle zu, bei denen Wechselrichter einen Stallbrand verursachen. Vor allem bei Anlagen, die älter als zehn Jahre sind, steigt die Schadenshäufigkeit. Das gilt auch für die Dachanlagen selbst. Bei der Inspektion der Elektroanlagen ist auch die PV-Anlage zu überprüfen. Wenn die Dächer verpachtet sind, hat zwar der Pächter die Inspektionspflicht, aber der Verpächter sollte einen Nachweis für die Kontrollen fordern. Hier ist auf klare vertragliche Regelungen zu achten.
8. Brandstiftung
Auch bei Ställen kommt Brandstiftung vor. In der Regel sind Ställe eingezäunt bzw. verschlossen. Eine gute Ausleuchtung des Stallumfeldes und Überwachungskameras schrecken zusätzlich ab.
Regelmäßige Übungen sorgen dafür, dass der Feuerlöscher im Ernstfall schnell zum Einsatz kommt.
9. Blitzschutz
Die Vorgaben in puncto Blitzschutz sind je nach Bundesland oder Landkreis unterschiedlich. Bei einer Pflicht zum Blitzschutz gilt auch die Wartungspflicht! Mängel müssen sofort abgestellt werden. Eine defekte Blitzschutzanlage ist gefährlicher als gar keine. Die fehlerhafte Ableitung eines Blitzes kann schnell einen Brand verursachen.
10. Strohlagerung
Stroh für Stalleinstreu muss trocken geerntet und gelagert werden. In den ersten 14 Wochen nach der Ernte sollte die Temperatur überwacht werden, sie darf nicht über 35 °C steigen. Anfangs wird zweimal, später einmal pro Woche gemessen. Wichtig: Ein Messprotokoll führen.
Schadnagerbekämpfung ist auch Brandvorsorge.
11. Schadnagerbekämpfung
Schadnagerbekämpfung ist nicht nur aus hygienischer Sicht ein Muss, sondern ebenso zur Brandvorbeugung. Bouws empfiehlt dringend, das in professionelle Hände zu geben, aber auch zu kontrollieren. Schadnager können Kabel annagen und für Kurzschlüsse sorgen.
12. Maschinen
Maschinen bedeuten immer eine potenzielle Brandgefahr – beispielsweise wenn diese bei heißem Motor abgestellt werden oder die Batterie einen Kurzschluss hat. Hoftracs für das Verteilen der Einstreu im Stall sollten nie in eine Schuppenecke gezwängt parken, 5 m Freifläche rundherum sind sinnvoll. Optimal ist eine Metallgarage.
Im Ernstfall können Minuten darüber entscheiden, ob es zu einem Großschaden kommt oder nicht. Deshalb rät Wilfried Bouws seinen Kunden immer, die örtliche Feuerwehr zu einer Übung auf den Betrieb einzuladen – inklusive Wurst auf dem Grill und Getränken: „Dann wissen alle, wo Wasser ist oder die Fluchttüren oder wo das Notstromaggregat steht.“
Wenn es nachweislich Versäumnisse bei der Brandvorsorge gibt, kann das im Schadensfall teuer für den Betrieb werden – neben der Belastung, mitverantwortlich für den Tod von Tieren zu sein.
Ältere Wechselrichter bei PV-Anlagen sind zunehmend Brandursache.
Christa Diekmann-Lenartz
Bild:
privat, Christa Diekmann-Lenartz, AdobeStock_Nopphon, AdobeStock_Mario_Hoesel, AdobeStock_MATTHEW, AdobeStock_anatoliy_gleb
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