Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat eine weitere Ausbreitung des Virus der hochpathogenen aviären Influenza des Subtyps H5 (HPAIV H5) in der Region des nördlichen Weddellmeeres in der Antarktis festgestellt. Das Team fand heraus, dass Skuas bisher am stärksten betroffen sind. Die ermittelte hohe Sterblichkeitsrate zeigt, dass dies langfristige Folgen für deren Erhaltung in der Region haben könnte.
Die Expedition, die in erster Linie von der International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO) sowie dem EU-Projekt Kappa-Flu* und dem Spanischen Nationalen Forschungsrat (CSIC) finanziert wurde, machte sich am 13. März auf den Weg, um die Region der Trinity-Halbinsel und das nördliche Weddellmeer zu untersuchen.
Virus passt sich an
Das derzeitig nahezu weltweit auftretende HPAIV H5 entwickelte sich ursprünglich in Geflügel, habe sich aber in letzter Zeit so angepasst, dass es sich besser in Wildtieren ausbreitet, schreibt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in einer Pressemeldung. Seit 2020 hab seine beispiellose Ausbreitung zu einem erheblichen Sterben von Wildvögeln und -säugetieren auf nahezu globaler Ebene geführt. Nach der Ankunft von HPAIV H5 in Südamerika Ende 2022 sei seine weitere Verbreitung in die Antarktis für die folgenden Jahre vorhergesagt und schließlich im Februar 2024 bestätigt worden.
Besorgniserregende Entwicklung
Die Auswirkungen auf die Wildtierpopulationen in der Antarktis ordnet das FLI als sehr besorgniserregend ein, da mehrere Arten bereits als stark bedroht oder sogar als vom Aussterben bedroht eingestuft sind. Außerdem könnte die hohe Sterblichkeit von Wildtieren, wie sie auf anderen Kontinenten wie Südamerika zu beobachten ist, hier aufgrund der Abgeschiedenheit und der eingeschränkten Zugänglichkeit des antarktischen Kontinents für eine regelmäßige Überwachung leicht unbemerkt bleiben. „Aus diesem Grund könnte die Entwicklung von Überwachungsinstrumenten, die in der Antarktis durchführbar sind, bei der Beobachtung der Auswirkungen von HPAIV H5 in den kommenden Jahren helfen", erklärte Meagan Dewar, Leiterin der Expedition.
Zehn Gebiete mit hoher Wildtierdichte untersucht
Die an dieser Expedition beteiligten Fachleute waren Biologinnen und Biologen, Tierärztinnen und Tierärzte für Wildtiere, Virologinnen und Virologen sowie eine erfahrene antarktische Segelmannschaft. Dieses Team war gut ausgerüstet, um schnell vom Verdacht zur Probenahme und weiter zu Tests überzugehen. Die Fachleute machten sich auf den Weg, um die Region der Trinity-Halbinsel und des nördlichen Weddellmeeres zu untersuchen, ein Gebiet, in dem die bisherigen Überwachungsmaßnahmen der nationalen Antarktisprogramme begrenzt waren, in dem aber das SCAR (Scientific Committee on Antarctic Research) - Antarctic Wildlife Health Network (AWHN) Meldungen von Forschenden, Ornithologen und der allgemeinen Öffentlichkeit über mögliche Todesfälle oder Krankheiten bei Wildtieren erhalten hatte. Vor Ort nahm das Team eine erste Bewertung kranker Individuen oder ungewöhnlicher Todessfälle bei Wildtieren vor und machte sich dann daran, Proben für HPAIV H5-Tests zu sammeln.
Neben der Entnahme von nicht invasiven Proben kranker oder erkrankter Tiere wurden auch Hunderte von Kotproben von scheinbar gesunden Tieren entnommen, um deren Virusprävalenz zu untersuchen. Darüber hinaus wurden Luft- und Wasserproben entnommen, mit deren Hilfe das Vorhandensein des Virus in der Umwelt bestimmt werden soll.
Ein kompaktes Diagnoselabor, das eigens für diese Expedition auf dem Schiff eingerichtet wurde, ermöglichte es dem Team, mit modernsten Methoden inaktivierte Virusproben zu testen.
Während der Expedition untersuchte das Team zehn Gebiete mit hoher Wildtierdichte zwischen den Süd-Shetland-Inseln, dem nördlichen Weddellmeer und den Danger-Inseln. Das Vorhandensein von HPAIV H5 wurde durch mehrere Labortests in Skua-Kadavern an vier Anlandestellen bestätigt. Das Virus wurde in mehreren Probentypen, einschließlich des Gehirns, nachgewiesen, was auf eine neurotropische Infektion mit HPAIV H5 bei dieser Art schließen lässt.
Massensterben von Skuas und Pinguinen festgestellt
Von den besuchten Orten stach Beak Island hervor, da dort eine große Skua-Brutkolonie lebt. Während sich zum Zeitpunkt des Besuchs 80 lebende Skuas dort aufhielten, wurden mehr als 50 Skuas tot aufgefunden. Von diesen 50 Skuas (darunter Braune Skuas und Südpolar-Skuas) wurden zehn getestet, und alle zehn wurden als positiv für HPAIV H5 bestätigt. An einem anderen Ort (Heroina Island) wurde ebenfalls eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Skua-Kadavern festgestellt, in denen das Virus jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Neben der Skua-Mortalität entdeckte das Team an zwei Orten eine ungewöhnlich hohe Zahl toter Adélie-Pinguine. Am Hauptanlandeplatz von Heroina, der nur einen kleinen Teil der Insel ausmacht, wurden 532 Adélie-Kadaver gezählt, von denen eine beträchtliche Anzahl (172) erwachsen war. Wenn man diese Zahlen auf die anderen Orte der Insel hochrechnet, an denen ebenfalls Kadaver entdeckt, aber nicht gezählt wurden, muss die Sterblichkeit mehrere Tausend betragen haben. Diese hohe Zahl sowie die Entdeckung so vieler erwachsener Kadaver lässt darauf schließen, dass hier ein ungewöhnliches Sterbeereignis stattgefunden hat. Obwohl das Team vermutete, dass dies durch HPAIV H5 verursacht wurde, konnte das Vorhandensein des Virus nicht bestätigt werden. In den kommenden Monaten werden weitere Tests durchgeführt, um die Todesursache zu ermitteln.
Mehr Informationen sammeln
Proben scheinbar gesunder Wildtiere sowie zusätzliche Probereihen an Kadavern werden demnächst in den beteiligten Instituten mit weiteren Techniken untersucht. Ziel dieser weiteren Analysen ist es, mehr Informationen über das Vorhandensein von Viren bei scheinbar gesunden Tieren und über die Genetik der nachgewiesenen Viren zu erhalten. Diese Daten werden dazu beitragen, zu verstehen, wie sich das Virus über Zeit und Ort verbreitet hat. Darüber hinaus werden Gewebe von infizierten Kadavern analysiert, um zu verstehen, wie das Virus Krankheit und Tod verursacht, und um herauszufinden, welche Gewebe sich am besten für den Virusnachweis eignen.
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