Vom Hobby zum Hauptberuf

18 November 2022
Legehenne
Die Familie Nassl

Mit einem Stall für 6000 Legehennen holt Familie Nassl aus Holzhausen im Landkreis Fürstenfeldbruck ihren Betrieb vom Nebenerwerb in den Haupterwerb. Beim Tag der offenen Tür am 20. November 2022 können Verbraucher einen Blick in die großzügig angelegten Stallungen werfen.

Hygiene und Biosicherheit sind wichtige Aspekte in der Tierhaltung. Deshalb haben Florian und Marina Nassl bei der Planung ihres neuen Legehennenstalls in Holzhausen im Landkreis Fürstenfeldbruck unter anderem darauf geachtet, dass sie die Abteile gut reinigen können, bevor eine neue Legehennenherde eingestallt wird. Der Hygieneaspekt hat auch dazu geführt, dass sie Leimholz statt Sägerauholz beim Bau verwendet haben. Denn Leimholz ist glatt und geschlossen und deshalb gut zu reinigen „Wenn ich mir zweimal eine Behandlung gegen die Vogelmilbe spare, dann sind die Mehrkosten für das Leimholz im Vergleich zu Sägerauholz gedeckt“, ist Florian Nassl überzeugt. „Bei der Dachkonstruktion sind die Trägerbalken inklusive Pfetten – also alle tragenden Bauteile aus Leimholz“, berichtet Kilian Weber von der Firma Hörmann, der den Stall geplant hat.

Die Inneneinrichtung hat die Firma Vencotec übernommen. Christian Schnierle von Vencotec erklärt, dass er bei der Anordnung der Einrichtung vor allem auf den offenen Tierverkehr geachtet hat. So kommen die Hühner beispielsweise gut vom Scharrbereich zur Voliere, zum Nest und zu den Sitzstangen. „Dieser offene Tierverkehr sorgt auch für mehr Tierwohl, da die Legehennen so weniger Stress haben“, erklärt Schnierle. Bei der Beleuchtung kann mittels LED-Technik ein Sonnenaufgang- und -untergang simuliert werden, um die Hühner an bestimmte Positionen zu lenken. Daten wie Wasser- und Futterverbrauch oder die Temperatur werden digital erfasst, automatisch abgespeichert und können auch von unterwegs aus abgerufen werden. Der Landwirt kann anhand dieser Daten erkennen, ob es den Tieren gut geht. „Den Futterverbrauch sollte man außerdem im Auge behalten, weil die Futterverwertung einen hohen Kostenpunkt in der Legehennenhaltung darstellt“, betont Schnierle.

Stallungen großzügig angelegt

Das Stallgebäude ist komplett freitragend mit einer schwimmenden Bodenplatte. Die Nachteile hierbei sind der größere Aufwand und die höheren Kosten. Der Vorteil ist, dass das Gebäude umgenutzt werden kann. „Falls die nächste Generation nicht mit Hühnern weitermachen möchte, kann das Gebäude beispielsweise zu einer Halle oder einer Geflügelmastanlage umgebaut werden“, erklärt Marina Nassl.

Auch für eine Weiterentwicklung des Betriebs je nach Verbraucherwünschen ist Familie Nassl gerüstet. Denn die Stallungen sind so großzügig angelegt, dass es auch möglich wäre, den Betrieb auf Bio umzustellen. „Wir halten jetzt 3000 Hühner pro Abteil, dürften aber 3288 halten. Zudem haben wir einen Wintergarten und Auslauf“, erklärt Florian Nassl. Ihm ist es wichtig, das Tierwohl zu schaffen, das der Verbraucher schätzt. „Aktuell ist der Biomarkt nicht da, aber wer weiß, was der Verbraucher in Zukunft will“, meint der Betriebsleiter. Der Wintergarten ist mit Strohpellets eingestreut, die der nur 20 km entfernte Agrarservice Schmid für den Betrieb Nassl aus dessen Stroh presst.

Bei der Eiersortiermaschine setzten die beiden Legehennenhalter auf das leistungsstarke Modell der Firma Prinzen, die Maschine Overgrader 30. Sie wird von der Firma Vencotec vertrieben. Dieses Gerät geht sehr schonend mit den Eiern um und es können vier Menschen gleichzeitig arbeiten, falls das erforderlich ist. Zudem kann die Maschine mit einem automatischen Verpacker aufgerüstet werden. Das könnte beispielsweise eine Rolle spielen, wenn die Altenteiler nicht mehr so rüstig sind oder jemand krank wird.

 

Der neue Stall für 6000 Legehennen: Im Vorraum sind das Büro, das WC, der Schaltraum sowie der Sortierraum untergebracht. Damit können im Stall auch Fremd-AK beschäftigt werden, ohne die Privatsphäre im Haus zu stören.
Die Legenester klappen nachts hoch: Dadurch fällt Schmutz nach unten und die Hühner lernen, dass die Nester kein Rückzugsort sind.
Sauberkeit: Die Eier werden über ein Band in den Vorraum transportiert. Dadurch gelangt weniger Staub in den Sortierraum.
Strohpellets als Einstreu im Wintergarten: Diese werden aus eigenem Stroh nach den Wünschen von Florian Nassl gepresst.
Außenreize spüren: Im Wintergarten können die Legehennen auch bei schlechtem Wetter an die frische Luft.
Marina und Florian Nassl mit ihren Kindern Theo und Sophie sind froh darüber, dass die ersten Hühner in den neuen Stall eingezogen sind.

Mit 100 Legehennen im Mobilstall ging es los

Aber wie kommt man eigentlich dazu, in der heutigen Zeit einen neuen Stall zu bauen? „Ich wollte immer, dass wieder Tiere auf dem Hof einziehen“, berichtet Florian Nassl, der am 1. März 2018 den Betrieb übernommen hatte. Eigentlich hätte der 30-Jährige gerne einen Milchviehstall gebaut. Mit Milchvieh ist er auf dem elterlichen Betrieb aufgewachsen. Im Jahr 2016 war die Milchviehhaltung allerdings eingestellt worden. Noch wird Färsenmast betrieben, um das Grünland zu verwerten. Für die 40 Tiere ist vor allem Vater Paul Nassl verantwortlich. Allerdings wollte Marina Nassl keine Milchkühe. Die pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte nutzte ihren Erziehungsurlaub, den sie nach der Geburt von Tochter Sophie im März 2019 hatte, um 100 Legehennen in einem selbst gebauten Mobilstall zu betreuen. Das lohnte sich: Aufgrund des Corona-Lockdowns kamen viele Naherholungssuchende am Betrieb vorbei. Sie sahen die freilaufenden Hühner und fragten nach den Eiern. Gut, dass der Bruder des Betriebsleiters, Johannes Nassl, der von Beruf Zimmerer ist, einen Verkaufsstand gebaut hat.

Allerdings war die Nachfrage nach Eiern schnell größer als das Angebot. Deshalb kaufte Familie Nassl einen Mobilstall der Firma Weiland für 245 Legehennen, dafür haben sie 40 000 Euro investiert. „Damit sind wir anfangs ganz gut gefahren, doch kaum waren die Sommerferien vorbei, waren die Eier schon wieder ausverkauft“, berichtet Marina Nassl. Im Winter wurde dann die Bulldoggarage zum Hühnerstall umgebaut. Dadurch konnte Familie Nassl nun zwar insgesamt 445 Legehennen halten, doch das reichte wieder nicht. Dazu kommt, dass die örtlichen Gastronomen und Metzger nach den regionalen Eiern fragten. „Wir hatten das Problem, dass wir für solche Anfragen viel zu wenig Eier hatten und keine Packstelle waren“, berichtet Florian Nassl. Kurzerhand wurde mit Kilian Weber, dem Berater der Firma Hörmann, ein Legehennenstall geplant. Und auch hier zählte die Regionalität, denn der Firmensitz von Hörmann ist nur 60 km entfernt.

Absatzmöglichkeiten vor dem Stallbau gesucht

TVor dem Stallbau haben Marina und Florian Nassl nach weiteren Absatzmöglichkeiten gesucht. Neben den regionalen Gastronomen und Metzgern entstand der Kontakt zu Moritz Klotz, dem Inhaber der AEZ-Märkte. Dieser sagte zu, dass er für die Marke „jung und regional“ Eier benötige.

Das Projekt wurde schnell umgesetzt: Es wurde ein halbes Jahr geplant, der Plan im März eingereicht und einen Tag vor dem 30. Geburtstag von Florian Nassl, am 22.September, genehmigt. Dabei hat Familie Nassl gut mit dem Landratsamt zusammengearbeitet und deren Wünsche bezüglich Emissionen und Ausgleichsflächen berücksichtigt. Durch die schnelle Genehmigung sind sie noch in die Bauförderung reingerutscht, deren Abgabetermin am 1. Oktober war. Sonst hätte der Bau noch ein halbes Jahr warten müssen. Alles ging sehr schnell: Am 23. Dezember begannen sie die Grube auszubaggern, im März folgte der Betonbau, den die Firma DHF aus Mammendorf übernahm, Mitte Mai kam die Firma Hörmann zur Erstellung der Gebäudehülle inkl. Tragwerk, Dach, Wand, Tore und Türen sowie Sprenglerarbeiten und Ende August baute Vencotec die Aufstallung, Eiersortierung, Lüftung und Fütterung ein. Am 12. Oktober kamen dann 3000 Legehennen fürs erste Abteil, deren höchste Legeleistung um die Weihnachtszeit liegen sollte. Als wäre das alles nicht stressig genug, ist am 5. September das zweite Kind der Familie zur Welt gekommen, Marina Nassl ist deshalb als Arbeitskraft einige Wochen ausgefallen. „Wenn wir nicht so einen guten Freundeskreis und zwei Familien hätten, wären wir nicht so weit gekommen“, betont die Betriebsleiterin.

Für die Genehmigung hilfreich war auch, dass Familie Nassl immer den Rückhalt der Bevölkerung hatte. „Wir waren für alle Fragen offen und haben unsere Pläne erklärt“, meint Florian Nassl. Ein paar Leute hatten zwar Bedenken, aber als wir sagten, dass wir ein Gutachten haben, war dieses Thema erledigt. Bezüglich einer befürchteten Geruchsbelästigung kann er Entwarnung geben: „Manche im Ort haben nach vier Wochen noch nicht gemerkt, dass unsere Hennen bereits eingezogen sind.“

Stallkosten für 6000 Hennen: fünf Mobilställe

„Da wir mit viel Eigenleistung gearbeitet haben, kostete der Stall für 6000 Legehennen nicht wesentlich mehr als fünf Mobilställe kosten würden“, erklärt Florian Nassl. Vor dem Einzug der Legehennen hat er Vollzeit als Heizungsbauer gearbeitet. Nassl hat nach einer Ausbildung zum Heizungsbauer eine Ausbildung zum Landwirt gemacht und den Meister im Heizungsbau draufgesetzt. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde bis dahin im Nebenerwerb geführt. Hierbei haben seine Eltern Paul und Adelheid Nassl mitgeholfen. Auch Bruder Johannes, der in der Nachbarschaft wohnt, hilft noch immer nach der Arbeit sowie an den Wochenenden mit.

Öffentlichkeitsarbeit spielt wichtige Rolle

Damit die Vermarktung der Eier weiterhin gut läuft, setzt das junge Ehepaar auf Öffentlichkeitsarbeit. „Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir die Endverbraucher ansprechen können“, meint Marina Nassl. Künftig wollen sie vor allem Führungen für Schulklassen anbieten. Da auch viele Fragen von Kunden und den Dorfbewohnern kamen, haben sie beschlossen, bei einem Tag der offenen Tür ihre Stallungen zu zeigen. Die Besucher können dann durch das noch leere Stallabteil gehen oder sehen, wie die Eiersortiermaschine arbeitet.

An diesem Tag bietet auch ein Vertreter der Firma Vencotec Führungen durch den Stall an und erklärt den Verbrauchern den Aufbau und die Funktionen des Stalles. Der Tag der offenen Tür am 20. November 2022 findet von 10 bis 16 Uhr statt. 

Braune Eier lassen sich besser vermarkten

Die zweite Hennenherde wird Anfang Januar 2023 in den neuen Stall einziehen. Diese Herde soll dann an Ostern die höchste Legeleistung haben. Im Stall werden braune Hühner der Herkunft Isa Brown von der Firma Ab ovo gehalten. „Braune Eier werden besser angenommen, das haben wir bereits mit unseren Mobilställen gemerkt“, meint Marina Nassl. Dennoch werden im Weiland-Mobilstall, den sie weiter betreiben werden, Weißleger eingestallt. Damit kommen alle Kundenwünsche zum Zug.

Für die Regionalität spricht nicht nur der Bau mit Firmen aus der Nähe und der kurze Weg der Eier in die Läden. Die Hühner werden auch mit regionalem Futter gefüttert. Weizen und Mais baut Familie Nassl selbst an, genfreies Soja wird größtenteils vom Cousin von Marina Nassl aus dem nicht mal 20 km entfernten Hattenhofen geliefert. „Wir haben zwar 40 ha Fläche, aber viele Waldstandorte, das mag der Soja nicht“, berichtet Florian Nassl. Außerdem könne man auf Soja keinen Mist und keine Gülle fahren, was für seinen Betrieb wegen der Düngeverordnung aber nicht möglich ist.

Hühnersuppe wird wieder gerne gekocht

Im Gegensatz zu vielen anderen Betreibern von Mobilställen hat Familie Naßl bislang keine Probleme mit der Althennenverwertung. Diese werden als Suppenhühner vermarktet. „Auch junge Leute kochen wieder Hühnersuppen“, berichtet Marina Nassl. Die Hühner werden am Bachbauernhof von Familie Paletta in Holzheim geschlachtet und im Verkaufsstand verkauft. „Der Laden funktioniert sehr gut über eine Vertrauenskasse“, erzählt Marina Nassl. Von Vorteil für die jungen Landwirte, die auf Öffentlichkeitsarbeit setzen ist, dass man dabei mit Kunden ins Gespräch kommt.

Das Ehepaar Nassl hat eine anstrengende Zeit hinter sich. Doch nun kann Florian Nassl sein bisheriges Hobby Landwirtschaft zum Hauptberuf machen, seinen bisherigen Hauptberuf als Heizungsbauer wird er dann hobbymäßig ausüben, da er gerne zur Arbeit geht. „Ich wollte schon immer Landwirt werden“, sagt der 30-Jährige. Das hat er nun geschafft.

Wochenblatt dlv / Andrea Tölle
Bild: privat

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