Tüfteln fürs Tierwohl

20 April 2022
Masthuhn
Masthähnchenbetrieb von Martina und Erwin Beisl

Wintergärten für ihre Masthähnchen würden Martina und Erwin Beisl gerne bauen. Dürfen sie aber nicht. Eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist am Betriebsstandort in Aunkofen im bayerischen Landkreis Dingolfing-Landau nicht möglich. Um ihren Masthühnern dennoch mehr Tierwohl und Bewegungsfreiheit zu bieten, arbeiten die Landwirte in ihrem Stall seit 2018 mit erhöhten Ebenen. Auf die Idee kamen die beiden über die Initiative Tierwohl (ITW). Weil die Ebenen der Stallfläche zugerechnet werden, haben die Tiere von Martina und Erwin Beisl nun 10 Prozent mehr Platz. Das bedeutet, dass in ihrem Stall, der nach den Kriterien der Initiative Tierwohl für 30.000 Tiere ausgelegt ist, jetzt 33 000 Tiere gemästet werden können. Mit Hilfe der eingebauten Ebenen erhielt der Stall eine neue räumliche Struktur; er kann nun in unterschiedliche Zonen eingeteilt werden. Unter den erhöhten Ebenen finden die Tiere nun Rückzugsmöglichkeiten. Die Landwirte haben durch den Einsatz von Strohballen und Picksteinen für weitere Beschäftigungsmöglichkeiten gesorgt.

Weil es Jahr 2018 noch keine fertigen Ebenen für Hähnchenmastställe zu kaufen gab, tüftelte Erwin Beisl gemeinsam mit einem befreundeten Maschinenbautechniker selbst etwas aus. Dabei kristallisierte sich ein wichtiger Punkt heraus, den es bei der Konstruktion zu beachten gilt: „Die Rampe muss von der Breite und der Steigung her passen“, erklärt Beisl. „Wenn sie zu steil, zu schmal oder zu hoch ist, wird sie von den Broilern nicht genutzt.“ Doch eine gewisse Höhe der Ebene sei trotzdem nötig, um eine gründliche Tierkontrolle zu ermöglichen.

Am Ende der Tüftelei standen 1,10 m breite Rampen, die auf 60 cm hohe Ebenen aus Aluminium führen. Die zahlreichen Rampen bestehen aus Alu-Riffelblech, damit die Masthühner einen sicheren Tritt haben. 

Um ihren Masthühnern mehr Tierwohl und Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, arbeiten Erwin Beisl und seine Frau Martina seit 2018 mit erhöhten Ebenen.
Die Ebenen im Stall sind jeweils 1,10 m breit und 60 cm hoch und bestehen aus Aluminium. Die Rampen bestehen aus Alu-Riffelblech. So haben die Masthühner einen sicheren Tritt beim Aufstieg.
Die erhöhten Ebenen sorgen für eine räumliche Strukturierung des Stalles. Unter den Ebenen sind Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere entstanden.
Die erhöhte Ebene muss so hoch sein, dass auch unter ihr eine Kontrolle der Tiere gut möglich ist.
Die erhöhten Ebenen werden auf dem Betrieb Beisl intensiv genutzt.
Um das Reinigen zu erleichtern, legen die Martina und Erwin Beisl die Ebenen vor dem Neubezug der Ställe mit Wellpappe aus.
„Die Rampe muss von der Breite, der Höhe und der Steigung her passen“, erklärt Erwin Beisl. „Wenn sie zu steil, zu schmal oder zu hoch ist, nutzen die Broiler sie nicht und damit auch nicht die erhöhten Ebenen.“
Martina und Erwin Beisl würden trotz der Mehrarbeit wieder an solch einem wissenschaftlichen Projekt teilnehmen. Für sie überwiegt der Nutzen.

Erschrocken vom Misten des ersten Durchgangs

Die erhöhten Ebenen werden von den Tieren intensiv genutzt, ist die Erfahrung von Martina und Erwin Beisl. Nach dem ersten Durchgang erschraken sie jedoch darüber, wie aufwendig das Entfernen des Hühnerkotes von den Ebenen und Rampen war. Auch hier half das Tüfteln weiter. Mittlerweile legen die Landwirte die Ebenen vor dem Neubezug der Ställe mit Wellpappe aus. Erst danach streuen sie Strohhäcksel darüber. Das vereinfacht die Reinigung wesentlich. Nur die Rampen müssen jetzt noch mit einem Schaber sauber gekratzt werden. Die Stallreinigung dauert deshalb rund 1,5 bis 2 Stunden länger.

Den wissenschaftlichen Nachweis der Verbesserung des Tierwohls erbrachten Untersuchungen der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU). „Einen solchen Versuch auf seinem Betrieb durchführen zu lassen, macht sehr viel Arbeit. So mussten wir jeden dritten Tag die Picksteine wiegen und die für das Projekt installierten Kameras betreuen“, berichtet der 42-jährige Landwirt Erwin Beisl.

Mastbetrieb Beisl im Überblick

  • Den ersten Hähnchenmaststall für rund 38 000 Tiere baute Erwin Beisl im Jahr 2003. Damals war der Landwirt erst 23 Jahre alt. Im Jahr 2011 folgte der zweite Stall für weitere 68 000 Masthühner.
  • Gemästet werden Broiler der Rasse Ross 308 von der Brüterei Süd. Nach 40 bis 41 Tagen Mast folgen sieben Tage Leerstand. Dann kommen die neuen Eintagsküken in die auf 33 bis 35 °C vorgeheizten Ställe.
  • Der Mist wird in der betriebseigenen Biogasanlage verwertet, welche die Stallungen mit Wärme und Strom versorgt - ein geschlossener Betriebskreislauf
  • Neben dem Geflügel wurde auf dem Betrieb Beisl bis 2018 Milchvieh gehalten. Darum kümmerten sich die Eltern des Betriebsleiters. Da sein Vater mittlerweile über 70 Jahre alt ist, werden auf dem Betrieb nun statt Milchkühen 150 Färsen gehalten.
  • Je nach Arbeitsbedarf sind am Betrieb acht Leute auf 450 €-Basis beschäftigt.

 

Wochenblatt dlv / Andrea Tölle
Bild: Andrea Tölle

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