In jeder Hühnerherde gibt es Hühner mit einer „anarchistischen Ader“, die ihre Eier nicht in die von Menschen angelegten Nester legen. Um das mühsame Einsammeln dieser Eier in Zukunft zu erleichtern, entwickelt eine Projektgruppe des Landwirtschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen eine Eiersuch-, -finde- und -sammelmaschine. Das Forschungsprojekt trägt den Namen „Ovoraptor“. Der Ovoraptor soll mittels eines Lokalisierungssystems intelligent durch den Stall navigieren und alle verlegten Eier finden und einsammeln.
Kein Ei wird vor dem „Ovoraptor“ sicher sein
Geschätzte 2 Prozent der Eier einer Herde werden „irgendwo“ auf dem Stallboden abgelegt. Aus hygienischen Gründen müssen die verlegten Eier gefunden und aufgesammelt werden. Dies geschieht zurzeit noch manuell. Doch diese Arbeit ist potenziell gesundheitsgefährdend und belastend, weil direkt über einen Feinstaub absondernden Boden gearbeitet werden muss. Des Weiteren besteht in Zeiten des Arbeitskräftemangels ein großes Interesse daran, die Automatisierung in der Landwirtschaft noch weiter voranzutreiben. Diese Situation veranlasste die Projektgruppe „Digitalisierung, Nachhaltigkeit in Landwirtschaft und Ernährung, Bioökonomie" im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, gemeinsam mit dem Mechatronik Institut Bocholt der Westfälischen Hochschule ein Forschungsprojekt zur Entwicklung des mobilen Roboters „Ovoraptor“ zu starten, der die verlegten Eier automatisch sucht und aufsammelt. Das Projekt läuft noch bis März 2023 und wird vom Geflügelhof Kottsieper unterstützt.
Eier erkennen mit Infrarotlicht
Der Prototyp wurde mit passenden Antrieben, einem Energiesystem und Steuerungskomponenten ausgestattet. Die ausgewählten Schaumstoffreifen überzeugten mit guten Fahreigenschaften auf dem von den Hühnern verschmutzten Untergrund. Die Steuerung der Plattform ist mit der eines Kettenfahrzeuges zu vergleichen. Durch den hohen Schlupf säubert sich das Reifenprofil eigenständig.
Mithilfe der entwickelten Smartphone-Fernsteuerung konnten praxisnahe Testbilder von den verlegten Eiern aufgenommen werden. Die Eiererkennung erfolgt mithilfe einer preiswerten 2D-Kamera, die Infrarotlicht nutzt, um auch bei schwachen Lichtverhältnissen Bilder generieren zu können. Die Eier lassen sich sowohl mit klassischer Bildverarbeitung als auch künstlicher Intelligenz (KI) detektieren. Mithilfe zahlreicher Testbilder aus der realen Stallumgebung konnte ein zuverlässiges Modell antrainiert werden. Der „Ovoraptor“ soll nun mittels eines Lokalisierungssystems intelligent durch den Stall navigieren und die verlegten Eier finden und einsammeln.
Variante 1 – mehrere Roboter sammeln Eier einzeln
Für die zuverlässige und effiziente Eiersammlung unter Berücksichtigung der anspruchsvollen Arbeitsumgebung wurden zwei Konzepte ausgearbeitet. Das erste Konzept beinhaltete die Konstruktion eines Greifers, der nur ein Ei greift und zur Ablagestation bringt. Die Idee dahinter ist, mehrere kleine Roboter, die miteinander vernetzt sind, durch den Stall fahren zu lassen, um auf diese Weise genauso schnell wie ein einzelner großer Roboter zu sein. Die Druckkraft auf das Ei wird durch die Limitierung des Motorstroms auf einen konstanten Wert und nachgiebigen Greiffingern begrenzt.
Variante 2 – ein Roboter sammelt mehrere Eier
Beim zweiten Konzept soll ein einziger Roboter mehrere Eier aufsammeln, um lange Wege zur Ablagestation zu vermeiden. Dabei wird die Funktionsweise eines Rollsammlers genutzt. Beim Überrollen der Eier geben die Speichen nach, sodass das Ei ins Innere der Trommel gelangt. Durch die breite Trommel des Sammlers ergibt sich eine schnellere Aufnahme der Eier, da im Gegensatz zum Einzelgreifer die Positioniergenauigkeit nicht so hoch sein muss. Zusätzlich ist es nicht mehr erforderlich, dass der Roboter anhalten muss, um ein Ei aufzunehmen. Der Fokus im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes wird daher auf die Sammeltechnik des Rollsammlers gelegt.
In der verbleibenden Projektlaufzeit werden neben der Entwicklung einer Ablagestation und einer automatischen Energiestation noch zahlreiche Praxistests zur Optimierung des „Ovoraptors“ durchgeführt.
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