Interview: Einem Befall der Roten Vogelmilbe vorbeugen und ihn bekämpfen

19 August 2023
Rote Vogelmilbe
Wissenspartner Rote Vogelmilbe

Stets in Nähe ihrer Wirtstiere lebt die Rote Vogelmilbe (lat. Dermanyssus gallinae). In Legehennenställen findet sich der Ektoparasit mitunter in Spalten und Ritzen der Volieren, an Futterketten, an Nestern und Sitzstangen oder an Wänden und Böden. Liegt ein Befall vor, kann dies das Wohlbefinden der Hennen und zugleich die Wirtschaftlichkeit des Betriebs insgesamt massiv beeinträchtigen. Schnelles Handeln ist geboten, um die unliebsamen Stallbewohner wieder loszuwerden. Doch Vorsorge ist besser als Nachsorge, weiß Dr. Uwe Bornholdt, Bereichsleiter Geflügel bei Deutsche Tiernahrung Cremer, und erläutert im Interview, was bei einem drohenden Befall zu tun ist.

Herr Dr. Bornholdt, warum ist die Rote Vogelmilbe ein großes Problem für Wirtschaftsgeflügel?

Dr. Bornholdt: Die Rote Vogelmilbe ist für Legehennen problematisch, weil sie in allen Entwicklungsstadien auf das Blut ihrer Wirtstiere angewiesen ist. Das unterscheidet sie von anderen Parasiten. Das Blutsaugen beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden der Tiere, es kann zugleich unliebsame Verhaltensweisen wie Federpicken und Kannibalismus auslösen. Je nach Ausmaß und Umfang kann ein Befall auch den Ausbruch weiterer Krankheiten begünstigen oder zu einem Leistungsabfall in der Herde führen. Dies kann dann mit wirtschaftlichen Verlusten einhergehen. Deshalb gilt: Lässt sich ein Befall mit der Roten Vogelmilbe nicht verhindern, sollten betroffene Betriebe zumindest schnell und konsequent reagieren.

Dr. Uwe Bornholdt, Bereichsleiter Geflügel bei Deutsche Tiernahrung Cremer

Wie erkennen Geflügelhalter*innen einen Befall?

Dr. Bornholdt: Ein Befall der Herde mit der Roten Vogelmilbe ist am Anfang nicht leicht zu erkennen. Oft fällt der Ektoparasit erst auf, wenn er sich bereits stark vermehrt hat. Problematisch ist hierbei, dass man die winzigen Milben mit bloßem Auge nur schwer erkennt. Hinzu kommt schließlich, dass sich die lichtscheuen Parasiten tagsüber in Ecken, Spalten und Ritzen verstecken. Geflügelhalter*innen sollten deshalb immer ein Auge auf die indirekten Anzeichen eines Befalls haben.

Einen simplen Trick, um einen Befall des eigenen Betriebes zu entdecken, gibt es trotzdem: einfach mit einem weißen Taschentuch unter den Sitzstangen entlangfahren. Finden sich Blutspuren auf dem Tuch, liegt ein Befall vor.

Was sind erste Anzeichen für einen Befall der eigenen Legehennenherde?

Dr. Bornholdt: Wenn die Herde anhaltend Zeichen von Nervosität zeigt, sollten die Tiere näher untersucht werden. Auch wenn einzelne Tiere schwächeln und Symptome einer Blutarmut (Anämie) zeigen, gilt es achtsam zu sein.

Ist ganzjährig mit einem Befall zu rechnen?

Dr. Bornholdt: Teils, teils. Stallbesitzer*innen sollten vor allem im Frühling und Sommer mit einem Befall der Roten Vogelmilbe rechnen. Der Blutsauger vermehrt sich ab einer durchschnittlichen Außentemperatur von 20°C.

Wie gelangt die Rote Vogelmilbe eigentlich in den Stall?

Dr. Bornholdt: Ausgewachsene Stadien der Roten Vogelmilbe gelangen zumeist über das Lüftungssystem in den Stall. Doch auch Mitarbeiter*innen des Betriebs können die Milben auf ihrer Kleidung oder an Stallgeräten in die Herde einschleppen – quasi als blinde Passagiere. Was viele nicht wissen: Das Milbenproblem beginnt manchmal schon während der Aufzucht. Immer mal wieder werden Fälle bekannt, bei denen die angelieferten Junghennen bereits mit dem Parasiten infiziert sind. Entsprechend sollte man bereits vor der Einstallung die neue Herde in Augenschein nehmen und auf Indizien eines Befalls hin untersuchen.

Warum ist die Bekämpfung der Rote Vogelmilbe so langwierig?

Dr. Bornholdt: Die Bekämpfung der Roten Vogelmilbe ist tatsächlich recht schwierig. Je nach Temperatur kann eine mit Blut vollgesaugte Vogelmilbe bis zu einem halben Jahr lang überleben. Dazu kommt, dass sich der Parasit rasant vermehrt – rasanter als viele andere Geflügelparasiten. Ein Entwicklungszyklus der Roten Vogelmilbe – vom Larvenstadium bis zum ausgewachsenen, adulten Parasiten – dauert unter günstigen Umweltbedingungen für gewöhnlich nur knapp eine Woche.

Bei der Bekämpfung der Roten Vogelmilbe kann eine Futterumstellung helfen.

Lässt sich ein Befall durch eine Futterumstellung bekämpfen?

Dr. Bornholdt: Ja, eine Futterumstellung kann bei der Bekämpfung der Roten Vogelmilbe helfen. Ätherische Öle im Futter haben sich hier bewährt. Entsprechende Legehennenfutter (z. B. deuka VoMiGo JAF, deuka VoMiGo LAF) bewirken etwas Erstaunliches: Für den Menschen nicht wahrnehmbar, verursachen sie eine Geruchsveränderung des Huhns. Das verwirrt die Milbe, die die Hennen dann nicht mehr so leicht als Beute und potenzielle Wirte identifizieren kann.

Fütterungsversuche zeigen: Mit ätherischen Ölen versehene Futter können die Vermehrungsrate der Roten Vogelmilbe um bis zu 80 Prozent reduzieren. Die Eier bleiben von der Geruchsveränderung übrigens verschont und ihr Geschmack bleibt unverändert. Das macht den Einsatz entsprechender Futter so einfach.

Gibt es weitere Maßnahmen, zu denen Sie betroffenen Betrieben raten?

Dr. Bornholdt: Sauberkeit ist bei der Bekämpfung eines Milbenbefalls das A und O. Die Ställe und die potenziellen Verstecke der Vogelmilben (z. B. Spalten und Ritzen, Futterketten, Nester, Sitzstangen etc.) sind regelmäßig zu säubern. Optimal geeignet hierfür sind Heißwasserhochdruckreiniger (80 – 100 °C) oder Heißluftgeräte. Häufig werden auch Silikate zur Milbenbekämpfung eingesetzt. Diese Stoffe schädigen den Chitinpanzer der Milben, die daraufhin vertrocknen. Doch Silikate bergen auch Probleme: Sie verursachen Staub im Stall, der sich später auf den Eiern absetzt. Auch können die scharfen Kanten des Silikatstaubes einen vorzeitigen Verschleiß der Stalleinrichtung bewirken oder – noch viel schlimmer –sich negativ auf die Gesundheit der Mitarbeiter*innen auswirken. Außerdem werden diese Partikel auch von den Hennen eingeatmet, was nicht unbedingt gesundheitsförderlich scheint.

 

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Bild: deuka, Adobe Stock

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Über Deutsche Tiernahrung Cremer

Deutsche Tiernahrung Cremer ist der größte, private Futtermittelhersteller in Deutschland. Unser Kerngeschäft ist die Produktion von Mischfutter für Geflügel, Rinder und Schweine sowie von Haus- und Heimtieren aller Art. Über 700 Mitarbeiter*innen aus 19 Nationen engagieren sich erfolgreich an den 15 Standorten in Deutschland. Gemeinsam produzieren wir circa 2,3 Millionen Tonnen Futter (2022). Unsere Werke gehören zu den modernsten und größten Mischfutterwerken in der Bundesrepublik. Durch unser breites Vertriebsnetz mit einer engen Kundenbetreuung und durch die Verwendung vorwiegend regionaler Rohstoffe sind wir ein starker Partner der heimischen Landwirtschaft.

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