Die FDP will sich für einen Tierwohlfonds zur finanziellen Unterstützung von Landwirten stark machen. Der Fonds soll über eine zweckgebundene Tierwohlabgabe auf Fleischprodukte gespeist werden. Die Frage ist, ob der Konsument dies bezahlen wird.
FDP will Landwirte mit einem Tierwohlfonds unterstützen
In einem aktuellen Positionspapier zur „Zukunft der Tierhaltung“ setzt sich die FDP für ein Bundesgesetz zur Einrichtung eines Tierwohlfonds ein, mit dem Landwirte „verlässlich finanziell unterstützt werden sollen. Der Fonds soll durch eine zweckgebundene Tierwohlabgabe auf Fleischprodukte gespeist werden, die durch die Marktteilnehmer für das in Deutschland verkaufte Fleisch von ihren Kunden erhoben wird. Die FDP-Die Landtagsfraktion in Niedersachsen stellte das Positionspapier jetzt in Hannover vor.
40 Cent pro Kilogramm Fleisch
Es soll auch bundespolitisch Grundlage für die Gespräche mit den Koalitionspartnern werden und sei mit den „führenden Köpfen“ der Bundes-FDP abgestimmt, erklärte Niedersachsens FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Stefan Birkner. Die Höhe der Abgabe sei „eine politische Frage“ und müsse von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit den Beteiligten besprochen werden. Sie dürfe 40 Cent pro Kilogramm Fleisch aber nicht überschreiten, was bei einem jährlichen Verbrauch von 7,4 Millionen Tonnen in Deutschland Einnahmen von fast 3 Milliarden Euro für den Tierwohlfonds bedeuten würde. Die Abgabe solle umfassend sein und auf Importe aus allen Herkunftsländern und auch im Großhandel erhoben werden.
Geht die Rechnung auf?
Birkner sieht den Lebensmitteleinzelhandel nun in der Pflicht, die durch die Tierwohlabgabe entstehende Belastung für die Konsumenten so gering wie möglich zu halten. „Nach unserer Auffassung ist es insbesondere die Aufgabe des Lebensmitteleinzelhandels, diese Preissteigerung nicht an die Verbraucher weiterzugeben.“ Doch geht die Rechnung auf? Werden Lebensmitteleinzelhandel und vor allem die Konsumenten hier mitspielen? Das Handeln der Verbraucher beweist uns doch tagtäglich das Gegenteil. In Umfragen wird zunächst vollmundig bekundet, für Fleisch und Eier gerne mehr auszugeben, wenn diese nach höheren Tierwohlstandards erzeugt wurden. Doch an der Ladentheke stellt sich das anders dar und wie die Realität aussieht, zeigt sich aktuell im Schweinesektor. Gerade haben Schlachtunternehmen – allen vorn Tönnjes- denjenigen Schweinehaltern, die sich an der Initiative Tierwohl beteiligen, ihre Lieferverträge gekündigt, weil Tierwohlfleisch zu wenig nachgefragt wird.
FDP-Positionspapier verspricht Verlässlichkeit
Das Positionspapier der FDP sieht noch eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen vor. Dazu zählt ein Auflagenmoratorium, um eine noch stärkere Benachteiligung der deutschen Erzeuger zu verhindern. Auch eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung von Fleischprodukten, die auch die „Außer-Haus-Ware“ einbeziehen soll, ist vorgesehen. Außerdem sollen rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden, um Investitionen in Stallbauten zu ermöglichen.
Von Teilen der Wirtschaft wird das Papier positiv bewertet, weil es verlässliche Regelungen in Aussicht stellt, auf die die Branche schon lange wartet. „Mit diesem Papier hat sich die FDP eindeutig zur Nutztierhaltung, insbesondere für die im Nordwesten Niedersachsens ansässige Veredlungswirtschaft mit ihren vor- und nachgelagerten Branchen, bekannt“, reagierte der Vorstandsvorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (AEF), Sven Guericke, auf das Positionspapier. Das AEF begrüßt insbesondere die zweckgebundene Tierwohlabgabe auf Fleischprodukte. Darin sieht das Forum eine verlässliche Möglichkeit, nicht nur die notwendigen Investitionen, sondern auch die Mehrkosten auf den landwirtschaftlichen Betrieben langfristig zu finanzieren und abzusichern.
Auch der Plan der verpflichtenden Haltungs- und Herkunftskennzeichnung wird positiv bewertet. Gleiches gilt für die Angleichung von Tierwohlstandards im Rahmen der EU sowie für die Anpassung des gültigen Rechtsrahmens beim Bau- und Planungsrecht, für das sich die FDP stark macht. Nun liege es an der Bundesregierung, mit den richtigen Partnern die Zielsetzungen der Borchert-Kommission umzusetzen und den Gesetzesentwurf für das staatliche Tierhaltungslabel noch tragfähiger auszugestalten.
„Umbau der Tierhaltung geht nur mit Abbau der Tierbestände!“
Aber was ist tragfähig und verlässlich? Für die Sprecherin für Ernährung und Landwirtschaft der Grünen im Bundestag, Renate Künast, ist klar: Langfristige Planungssicherheit wird es angesichts der Wünsche von Verbrauchern und der Klimakrise nur geben können, wenn der Umbau der Tierhaltung mit einem Abbau der Tierbestände einhergeht. „Es wäre den Landwirten gegenüber unfair, zu behaupten, dass die Tierhaltung in der heutigen Art und Dimension künftig noch Bestand haben wird“, sagt Künast. Hierfür seien auch bessere Tierschutzstandards notwendig. Geht die Reise hierhin?
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