Fachforum der Landwirtschaftskammer Niedersachsen setzt wichtige Impulse für zukunftsfähige Tierhaltung
Corona- und Ukraine-Krise sind auch an der Geflügelwirtschaft nicht spurlos vorbeigegangen. Und die Diskussion um mehr Tierwohl ist auch hier voll im Gange. Beim Branchentreff in Lingen (Niedersachsen) gab es dennoch positive Prognosen.
Mit Lingen im Emsland hatte sich die LWK Niedersachsen einen passenden Veranstaltungsort für ihr „Fachforum Schwein und Geflügelmast“ ausgesucht. Beide Bereiche der Veredlung sind immer noch stark in der Region verankert. Allerdings macht sich der Strukturwandel in der Schweineproduktion, allem voran in der Sauenhaltung, hier auch deutlich bemerkbar. Schlechte Erlöse, aber vor allem die vielen politischen Unwägbarkeiten und mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz führen zur Aufgabe von Betrieben in der Veredlungshochburg Westniedersachsen.
Hähnchenmäster am besten „durchs Loch“ gekommen
In der Geflügelmast, zumindest bei den Hähnchen und Puten, sieht es aktuell bekanntlich noch besser aus. Vor allem die Hähnchenmäster haben die vergangenen Jahre mit Corona- und dann Ukraine-Krise verhältnismäßig gut überstanden: „Die Hähnchenmäster sind am besten durchs Loch gekommen“, so sagte es Mathias Klahsen, Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, in seinem Vortrag auf dem Fachforum.
Das Konzept der zweitägigen Veranstaltung in Lingen ist eine Mischung aus Fachvorträgen, Diskussionen und begleitender Fachausstellung von Unternehmen der Branche. In Lingen waren jetzt über 100 Firmen vertreten. Die Bandbreite reicht dabei von Brütereien über Integrationen, Futtermittel- und Zusatzstoffe-Herstellern hin zu Stalleinrichtern, Tierarzneimittelherstellern oder Dienstleistern.
Diskussion über Vorteile der Integration
Ob eine sehr viel stärkere Integration innerhalb der Produktionskette, wie sie in der Geflügelmast üblich ist, dazu beträgt, Krisen besser zu überstehen, wurde in Lingen auch diskutiert. Der Schweinemarkt ist ein sehr viel heterogenere Markt, eine „Steuerung“ des Marktes durch einzelne Unternehmen ist kaum möglich.
Fakt ist laut Mathias Klahsen, dass die stark gestiegenen Produktionskosten infolge des Ukraine-Kriegs bei den Geflügelmästern durch höhere Auszahlungspreise ausgeglichen wurden. Ab Februar 2022, also dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine, ging der Auszahlungspreis bei Hähnchen von knapp 1 Euro bis Juni steil nach oben auf knapp 1,40 Euro/kg Lebenggewicht (Basis 1.500 g).
Erfreulich für die Geflügelmäster – wie auch für andere Tierhalter – ist, dass die Futterpreise seit Anfang des Jahres eine deutliche Tendenz nach unten zeigen. Mathias Klahsens Prognose ging in Richtung Stabilisierung bis noch etwas weiter sinkende Preise. Abhängig ist das von der diesjährigen Ernte sowie der weiteren Entwicklung in der Ukraine. Ein regionaler Mischfutterhersteller bestätigte diese Prognose mit einem geschätzten Nach-Ernte-Preis von etwa 23 Euro/dt für Weizen. Auch bei den Energiepreisen ist seit kurzem ebenfalls etwas Entspannung angesagt.
Hähnchenfleisch bleibt beim Verbraucher beliebt
In die Karten spielt den Hähnchenmästern, das Hähnchenfleisch kaum einen Rückgang bei den Verzehrsmengen zu verzeichnen hat. Der allgemein sinkende Fleischverzehr geht vor allem auf Kosten von Rind- und Schweinefleisch. Allerdings ist auch bei Putenfleisch ein merklicher Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauches in Deutschland festzustellen. Aktuell liegt er bei 4,8 kg pro Person und Jahr. Die Erzeugung ist demzufolge auch etwas rückläufig. Jedoch spielte hierbei auch die Geflügelpest eine Rolle.
Ein Vermarkter in Lingen berichtete denn auch von verschiedentlichen Anfragen von Putenmästern bezüglich eines Umstiegs auf die Hähnchenmast. Was stalltechnisch oft relativ unproblematisch ist, lässt sich infolge der einschränkenden Genehmigungspraxis nur schwierig umsetzen.
Umbau zu höheren Haltungsstufen wird dauern
Großes Thema auch in der Geflügelmast ist die Umsetzung von mehr Tierwohl. Hierzu gab es in Lingen auch mehrere Fachvorträge. Laut einer Umfrage, die Mathias Klaßen vorstellte, werden in Supermärkten und Discountern aktuell etwa 90 % Geflügelfleisch aus der Haltungsstufe 2 (Initiative Tierwohl) angeboten, die restlichen 10 % teilen sich die Haltungsstufen 3 und 4. Trotz der Bekundungen des Lebensmittelhandels sieht der Marktexperte bei der Umstellung der Produktion hin zu höheren Haltungsstufen ein anderes Tempo: Zum einen, weil der Markt es nicht hergibt, sprich, die höheren Haltungsstufen nicht entsprechend gekauft werden. Zum anderen, weil die notwendigen Umbauten auf den Betrieben nicht so schnell erfolgen können. Auch das liegt im Genehmigungsrecht begründet. Auch Mathias Klahsen mahnte hier schnellere Entscheidungen auf politischer Ebene an.
Er geht insgesamt dennoch von einer positiven Entwicklung aus, was die Geflügelfleischproduktion hierzulande angeht. Seiner Einschätzung nach werden wie in zehn Jahren aber noch längst nicht 100 % Haltungsstufe 3 und 4 haben.
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