EFSA-Gutachten Hähnchen: 10 Kilogramm pro Quadratmeter sind das Optimum für Tierwohl

09 November 2023
Masthuhn
DLG EfSA Gutachten Hähnchen

Im Frühjahr wurden von der EFSA (European Food Safety Authority) zwei Geflügel-Gutachten veröffentlicht. Sie bewerten Tierwohl in Haltungssystemen und geben Empfehlungen – und sorgen für einiges Rumoren. Auf der DLG-Geflügeltagung in Celle gab es Erläuterungen.

Dr. Inga Tiemann arbeitet am Institut für Landtechnik der Uni Bonn und hat eines der beiden EFSA-Gutachten zum Tierwohl in der Geflügelhaltung mit erarbeitet. Sie war für den Part Masthähnchen dabei, bei den Legehennen war es unter anderem Prof. Dr. Lars Schrader vom Friedrich-Loeffler- Institut (FLI) für Tierschutz und Tierhaltung.

EU-Tierschutzgesetze sollen überarbeitet werden

Die Wissenschaftlerin erläuterte in Celle den Hintergrund der beiden Gutachten, deren Ergebnisse wohl für Missverständnisse gesorgt haben. Die EU-Kommission plant eine Überarbeitung ihrer Tierschutzgesetzgebung und hat deshalb entsprechende Gutachten für die Bereiche Hähnchenmast und Legehennenhaltung von der EFSA angefordert.  

Das Ergebnis nach zwei Jahren intensiver Arbeit von Dr. Inga Tiemann, Prof. Lars Schrader und Wissenschaftskollegen sind rund 600 Seiten Gutachten. Hierin werden die in der EU vorkommenden Haltungssysteme der beiden Produktionsrichtungen aufgelistet und hinsichtlich ihrer Folgen für das Tierwohl bewertet. Welche Risiken bezüglich Tierwohl gibt es bei den einzelnen Haltungssystemen? Welche Empfehlungen können wir daraus ableiten? Das waren die Fragestellungen.

Blick ins Auditorium der Geflügeltagung in Celle

Viele Forschungsergebnisse zu Tierwohl flossen ein

„Wir haben uns dabei nicht selbst etwas ausgedacht, sondern nur vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema zusammengetragen“, stellte Dr. Inga Tiemann klar. Sehr wichtig dabei war die Frage, welche Indikatoren zur Beurteilung von Tierwohl herangezogen werden können.
Die Mitarbeiterin der Uni Bonn stellte auf der DLG-Tagung ganz deutlich klar, dass es in den beiden Gutachten einzig und allein um den Aspekt Tierwohl ging. Weder die ebenso wichtigen Aspekte Ökonomie oder Nachhaltigkeit wurden berücksichtigt noch der Aspekt Versorgungssicherheit eines Landes – seit dem Ukraine-Krieg durchaus ein öfter diskutiertes Thema.

Die in den beiden Gutachten zusammengetragenen Veröffentlichungen münden in konkrete Empfehlungen für die Legehennenhaltung bzw. für die Hähnchenmast. Für Letztere lauten die Empfehlungen für ein Optimum an Tierwohl – neben der Einhaltung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung:

  • Wachstumsrate maximal 50 Gramm/Tag,
  • Vermeiden restriktiver Fütterung (vor allem bei Elterntieren),
  • erhöhte Ebenen im Stall,
  • überdachter Außenklimabereich,
  • Dunkelstrahler für Klimareize im Stall.

Besatzdichte sehr intensiv diskutiert

Intensiv diskutiert wurde von den Arbeitsgruppen die Besatzdichte. Welche Besatzdichte ist im Sinne von Tierwohl optimal? Hier schlussfolgerten die Wissenschaftler, dass bei Masthähnchen eine Besatzdichte von 10,06 kg/qm das Optimum wäre, die den Tieren unter der alleinigen Prämisse Tierwohl zur Verfügung gestellt werden sollten. Bei Legehennen lautete die Empfehlung 3,7 Tiere/qm.
Wie hoch die Erwartungshaltung an das Gutachten etwa von Tierschützer-Seiten ist, zeigte auch eine Publikumsfrage auf der DLG-Tagung. Dr. Inga Tiemann wurde um eine Einschätzung gebeten, wie die Chancen stehen, dass die genannten Besatzdichten so Eingang in die künftige EU-Gesetzgebung finden.

„Es wird auch künftig bei uns keine Besatzdichte von 11 kg/qm bei den Hähnchen geben“, sagte sie deutlich. Bei der EU-Kommission werde es parallel zum Aspekt Tierwohl eine Ökonomiebetrachtung geben und ebenso eine Nachhaltigkeitsbetrachtung. Letztlich gehe es darum, ausgewogene Kompromisse zu finden, man werde sich vermutlich „irgendwo in der Mitte“ treffen.

Der weitere Fahrplan hin zur neuen Tierschutz-Gesetzgebung sah eigentlich eine Konsensbildung bis Ende dieses Jahres vor und anschließendem Einstieg in das Gesetzgebungsverfahren. Mit der Einhaltung dieses Zeitplans sei aber aktuell nicht zu rechnen, so Prof. Dr. Lars Schrader. 

 

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Christa Diekmann-Lenartz, Kristoffer Finn

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