„Der Einzelhandel will nicht für Eier zahlen!"

21 November 2022
Niederlande
Eier im Regal

"Der deutsche Einzelhandel bietet den Packstellen zu niedrige Preise für OKT-Eier“, sagt Wim Thomassen von der niederländischen Union der Geflügelproduzenten (UPP). „Infolgedessen sind viele Legehennenhalter, deren Eier jahrelang an den Einzelhandel gingen, nun gezwungen, für die Industrie zu produzieren."

Wegen der Knappheit an Eiern brechen die Eiernotierungen in den letzten Wochen einen Rekord nach dem anderen. In Deutschland befürchtet man einen massiven Mangel an Eiern im Einzelhandel, während die niederländische und deutsche Eierindustrie die Eier aus dem Verkehr zieht und hohe Preise aufruft. Am vergangenen Donnerstag und Freitag kam dieser Preisanstieg zum ersten Mal seit Wochen zum Stillstand. 

"Die Eier für den deutschen Einzelhandel, die sind in den Niederlanden vorhanden“, sagt Thomassen. „Doch die Einzelhändler wollen einfach keine höheren Preise zahlen". Dies sei aufgrund der enorm gestiegenen Kosten, zum Beispiel für Futtermittel oder für „Ohne Kükentöten“ (OKT), jedoch notwendig. 

OKT-Eier wurden viel zu billig verkauft

„Normalerweise schließen die niederländischen und deutschen Packstellen kurz nach dem Sommer Kaufverträge mit dem deutschen Einzelhandel ab. In den vergangenen Jahren waren spätestens Anfang November alle Verträge mit dem deutschen Einzelhandel unter Dach und Fach, berichtet der Marktexperte. "Jetzt kauft der deutsche Einzelhandel nur noch die knappe Hälfte der benötigten Konsumeier", sagt er und ärgert sich: "Die Packstellen haben die OKT-Eier viel zu billig an den Einzelhandel verkauft. Sie fürchten sich so sehr davor, Volumen zu verlieren, aber sie hätten den Rücken gerade halten müssen. Dann hätten sie den Legehennenhaltern anständige Preise für OKT-Eier anbieten können."

Die Industrie zahlt den gleichen Preis

Thomassen schätzt, dass deutsche Einzelhändler OKT-Eier aus Freilandhaltung für 14 bis 15 Cent kaufen. "In den Niederlanden und in Deutschland hingegen gibt es kein Ei aus Freilandhaltung für weniger als 30 Cent pro Stück in den Supermarktregalen. Die Einzelhändler machen also hohe Gewinne mit Eiern aus Freilandhaltung. Sie sollten sich mit einer etwas geringeren Gewinnspanne zufriedengeben und den Packstationen etwas höhere Preise anbieten, damit diese wiederum die Legehennenhalter anständig bezahlen können.“ Zwischen 10 und 11 Cent böten die Packstationen derzeit für ein weißes OKT-Freilandei an. Das seien sicher ein bis zwei Cent zu wenig. Für Eier aus der Freilandhaltung ohne OKT zahle die Industrie derzeit zwischen 13 und 14 Cent. Und sie zahle auch hohe Preise für Eier aus Freiland- oder Käfighaltung. 

Bio-Eierproduktion geht zurück

Die Legehennenhalter beobachteten diese Entwicklung mit großer Spannung. Einige hätten schon reagiert. So sei beispielsweise die Zahl der Hühner in Freilandhaltung zurückgegangen. Auch bei den Bio-Legehennenhaltern ginge der Trend rückwärts: „Zehn bis fünfzehn Bio-Legehennenhalter (von insgesamt 120 Haltern) sind in den Niederlanden bereits auf konventionelle Freilandhaltung umgestiegen", weiß Thomassen. „Das bringt ihnen noch Rendite, während die ökologische Eierproduktion seit Monaten Verluste macht.“

Thomassen hält Bio-Legehennen in Overberg (Provinz Utrecht). In den letzten Monaten beobachtete er, dass immer mehr Kollegen ihre Bio-Hennen 90 Wochen lang halten, mausern und dann auf Freilandhaltung umstellen. Infolgedessen wird das Angebot an Bio-Eiern in den kommenden Monaten geringer sein. Etwa 80 Prozent der in den Niederlanden erzeugten Bio-Eier sind für den deutschen Einzelhandel bestimmt.

"Nur sehr wenige Legehennenhalter stellen derzeit Bio-Legehennen auf.“, erklärt Thomassen. „Legehennenbrütereien und Aufzuchtorganisationen geben an, dass die Einstellungszahlen von Bio-Legehennen deutlich niedriger sind als in den Vorjahren. Das Angebot an Bio-Eiern aus den Niederlanden wird daher in den kommenden Monaten weiter zurückgehen." Thomassen geht davon aus, dass im nächsten Jahr eine Trendwende eintreten wird, die die ökologische Eierproduktion wieder rentabel macht.

Tom Schotman
Bild: Geflügelnews

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