Die Lebensmittelbranche steht vor vielen Herausforderungen. Mehr Tierwohl, mehr Klima- und Ressourcenschutz und mehr Bio sollen es beim Essen sein. Wie künftig unser Tisch gedeckt wird, hat Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Tierhaltung.
Die Lebensmittelwirtschaft steht genauso wie die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen. Nicht nur von Seiten der Politik kommt die Forderung, dass unser Essen dem Klimawandel Rechnung tragen muss, ressourcenschonender erzeugt werden soll und unsere Nutztiere, wenn wir denn schon nicht auf sie verzichten, mit mehr Tierwohl gehalten werden sollen.
Verbraucher haben weniger Geld zur Verfügung
Krisen wie aktuell Corona und der Ukraine-Krieg können diese „Ziele“ jedoch schnell ins Wanken bringen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben weniger Geld im Portemonnaie – auf der anderen Seite sind auch Lebensmittel deutlich teurer geworden. Zudem ist - zumindest gefühlt – immer weniger Zeit für die Essenszubereitung da.
Was das alles für die Ernährungswirtschaft bedeutet, diskutierte der Deutsche Fachverlag, Frankfurt, (digital) mit Fachleuten der Branche. Prof. Dr. Carolyn Hutter, vom Studiengang BWL-Foodmanagement an der Hochschule Heilbronn, stellte dort ihre acht wegweisenden Trends für die Ernährung der Zukunft vor. Sie sind auch für die Landwirtschaft am Anfang der Produktionskette interessant. Hier ihre Megatrends:
1. Ressourcenleicht und klimaschonend
Der CO2-Abdruck eines Essens wird künftig mehr beachtet werden, aber nicht als einziges Kriterium, auch zum Beispiel der Wasserverbrauch steht mit im Fokus.
2. Pflanzen-basiert
Pflanzen-basiert heißt nicht vegetarisch oder vegan, sondern ein vielfältiges Miteinander von pflanzlichen und tierischen Produkten, aber mit deutlich mehr pflanzlichen Anteilen als heute.
3. Smarte Proteine
Wenn wir weniger Nutztiere halten wollen, werden andere Proteinquellen zum Beispiel aus Leguminosen an Bedeutung gewinnen. Ein breites neues Feld ist die sogenannte Präzisionsfermentation: Mithilfe veränderter Bakterien und pflanzlicher Nährstoffe wachsen Proteine, die bisher nur von tierischen Lebewesen erzeugt werden konnten.
4. Fair für Mensch und Tier
Nicht nur das vielzitierte Tierwohl wird künftig eine noch größere Rolle spielen, sondern auch, dass die in der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung Tätigen faire Arbeitsbedingen und ein gutes Einkommen haben. Das schließt auch Landwirte mit ein.
5. Gesundheit
Wir wissen heute, dass wir unsere Gesundheit stark über unsere Ernährung beeinflussen können. Auch wenn noch nie so viele „ungesunde“ Lebensmittel zu kaufen gab wie heute, wollen viel mehr Verbraucher auch in der Mensa, der Kantine oder im Restaurant ein „gesundes“ Essen haben.
6. Transparenz
Verbraucher wollen heute genauer wissen, was sie essen. Bei Fleisch will man wissen, wie das Tier, von dem es kommt, gehalten wurde. Ein Problem ist die „Siegelflut“ auf Produkten im Lebensmittelhandel (LEH). Einige Siegel wie die Haltungsstufen des LEH sind bekannt, viele aber nicht. Es wird künftig nach EU-Plänen auch eine Nachhaltigkeitskennzeichnung geben müssen.
7. Convenience
Der Trend beim vorgefertigten Essen geht heute hin zu qualitativ hochwertigen Produkten, die zum Beispiel ohne viele Zusatzstoffe auskommen.
8. Digitalisierung und neue Technologien
KI und Robotik kann in der Gemeinschaftsverpflegung eingesetzt werden, um Lebensmittelverschwendung zum Beispiel durch bessere Planungen zu reduzieren. Hier gibt es noch viele Ressourcen.
Kathrin Willehardt, Geschäftsführerin des Lebensmittel-Großhändlers TransGourmet, sah eine wachsende Nachfrage nach Bio-Produkten in der Gemeinschaftsverpflegung: „Immer mehr Kindergärten wollen zum Beispiel Bio“, berichtete sie. Vom Gesamtumsatz ihres Unternehmens mache Bio jedoch nach wie vor nur einen Anteil von ca. 2 %. Sie geht aber von steigenden Anteilen aus.
Auch Regionalität spielt große Rolle
Hannes Schröder, Gastronom und Betreiber eines Catering-Unternehmens in Hamburg, sah Regionalität als wichtigsten Trend –was eine Umfrage unter den fast 1.000 Zuhörern der Veranstaltung bestätigte: Ein Drittel stimmte für Regionalität als wichtigsten Trend in der Ernährung, Tierwohl wurde von nur vier Prozent gewählt.
Fleisch hat festen Platz in der Küche
Für Hannes Schröder hat im Übrigen Fleisch seinen festen Platz in der Küche: „Fleisch ist ganz wichtig“, betonte er, allerdings sagte er auch: „Man kann die Scheibe (Fleisch) auch nur halb so dick machen.“ Sowohl Willehardt als auch Schröder wiesen darauf hin, dass man die (gehobene) Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung getrennt sehen müsse. Für die Gemeinschaftsverpflegung brauche man auch günstigere Sachen, die ins Budget passen. Da gebe es auch Würstchen oder Leberkäse, es müsse auch im Sinne von Nachhaltigkeit alles vom Tier verwertet werden, nicht nur das Filet.
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