„Umbau der Tierhaltung gelingt nicht über eine Kennzeichnung der Haltung!“

09 Januar 2023
Deutschland
Schweine

„Wir versagen als Gesellschaft zurzeit, weil wir den vielen Tierhalterinnen und Tierhaltern, die gerne zu einem deutlich höheren Tierwohlniveau produzieren wollen, keine Optionen bieten“, sagt der Berliner Agrarökonom Prof. Harald Grethe in einem Interview mit dem Pressedienst Agra Europe. Er sieht in der Haltungskennzeichnung nicht den Schlüssel für den Umbau der Tierhaltung. Dies kann nach seiner Ansicht nur über langfristig verlässliche Tierwohlprämien geschehen. 

Für den Berliner Agrarökonomen Prof. Harald Grethe steht außer Frage, dass eine flächendeckende Neuaufstellung der Nutztierhaltung allein über „die Entscheidung an der Ladenkasse“ nicht funktionieren wird. In einem Interview mit Agra Europe beklagt der Wissenschaftler eine Schieflage in der politischen Diskussion über den Umbau der Tierhaltung. Die Haltungskennzeichnung sei nicht der Schlüssel für den Umbau, sagt der Wissenschaftler. Dies gelte erst recht nicht in den ersten Jahren, in denen sie nur für frisches Schweinefleisch vorgesehen sei. Zudem habe der vorgelegte Gesetzentwurf handwerkliche Schwächen. 

Hinreichend klare Finanzperspektive nötig

Entscheidend für den Umbau der Tierhaltung seien langfristig verlässliche Tierwohlprämien, so der Berliner Agrarökonom. Dies sei die Voraussetzung, dass die vereinbarte Anschubfinanzierung tatsächlich Kraft entfalten könne. Und es würde der Forderung der Borchert-Kommission nach einer „hinreichend klaren Finanzperspektive“ Rechnung tragen. Die dabei anvisierten zehn Jahre sieht der Wissenschaftler als absolute Untergrenze. Noch sei das Zeitfenster offen: „Wenn 2023 die notwendigen politischen Entscheidungen getroffen werden, kann ein Einstieg in den Umbau gelingen.“

"Abbau mit der Abrissbirne" 

Grethe bekennt sich zu einer Reduzierung der Tierhaltung, kritisiert aber das Ausmaß und die Form des aktuellen Rückgangs in der Schweinehaltung; dieser komme einem „Abbau mit der Abrissbirne“ gleich. Er treffe oft gerade diejenigen, die bereit seien, einen Umbau zu deutlich mehr Tierwohl zu leisten. „Wir versagen als Gesellschaft zurzeit, weil wir den vielen Tierhalterinnen und Tierhaltern, die gerne zu einem deutlich höheren Tierwohlniveau produzieren wollen, keine Optionen bieten.“

Geflügelnews
Bild: Geflügelnews

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