Weil die Eier- und Geflügelfleischexporte der Ukraine in die Europäische Union aufgrund von Sonderregelungen für eine zollfreie Ausfuhr und aufgrund der Streichung von Kontingenten drastisch gestiegen sind, beobachten viele Stakeholder in der EU die Märkte mit großer Besorgnis. Das wurde auf der letzten Sitzung der Expertengruppe CDG (Civil Dialog Group) für Geflügel und Eier der Europäischen Kommission deutlich. Was passiert, wenn der vereinfachte Zugang der Ukraine zum EU-Markt unbefristet verlängert wird, fragen sich viele Akteure? Überschwemmen bald billige Käfigeier und Geflügelfleisch aus der Ukraine permanent den Markt in der Union?
Überschwemmen ukrainische Eier und Geflügelfleisch bald stetig den EU-Markt?
Die Befürchtungen der europäischen Interessenvertreter sind nicht unbegründet. Denn aufgrund ihres vereinfachten Zugangs zum EU-Markt, ist die Ukraine in den vergangenen Monaten zu einem bedeutenden Lieferanten von Eiern und Geflügelfleisch herangewachsen. So importierte die Europäische Union im Zeitraum von Juni bis Ende August dieses Jahres 7.289 Tonnen Eier. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es lediglich 1.132 Tonnen. Ähnlich sieht es bei Geflügelfleisch aus, hier stiegen die Einfuhren aus der Ukraine in die EU auf 54.184 Tonnen gegenüber 33.979 Tonnen im Vorjahr, wobei der Monat August jeweils nur bis zum 27. August erfasst wurde.
Ukrainische Produzenten profitieren kaum
Zwar ist der vereinfachte Zugang der Ukraine zum EU-Markt auf ein Jahr befristet und gilt seit 4. Juni 2022 bis 5. Juni 2023. Seitens der Ukraine wird aber bereits eine unbefristete Verlängerung gefordert. Zu bedenken ist, dass die EU-Märkte ausreichend versorgt sind und die Preise aufgrund der Zollbefreiung einen besseren Einstieg bieten. Seitens der europäischen Interessenvertreter wurde auf der Sitzung der CDG-Expertengruppe zudem bemängelt, dass die ukrainischen Produzenten kaum davon profitieren, da die Absatzwege offenbar nicht direkt über die dortigen Anbieter verlaufen.
Eine halbe Milliarde Käfigeier in die EU
Dazu kommt, dass die aus der Ukraine importierten Eier aus konventionellen Käfigen stammen und nicht als EU-konform gekennzeichnet werden müssen. Nach Ansicht der Kommission findet deshalb keine Vermarkung im Handel statt. Wie und wo die Eier vermarktet werden, lässt sich allerdings nicht nachvollziehen. Für die EU-Produzenten selbst ist das wenig zielführend: Einerseits gibt es in der EU ein Verbot der Käfighaltung, andererseits werden Lieferungen aus diesen Haltungsformen begünstigt. Das führt zu Preisdruck und zu großem Unverständnis, zumal die Produktionskosten für Käfigeier sehr viel niedriger sind. Experten haben errechnet, wieviel Käfigeier aus der Ukraine potenziell pro Jahr in die EU importiert werden und kommen auf eine halbe Milliarde Eier. Damit wäre die Ukraine größter Drittlandanbieter von Eiern am EU-Markt.
Platz 2 bei Geflügelfleisch
Parallelen gibt es am Geflügelfleischsektor. Auch hier sind die Produktionskosten im Vergleich zur EU deutlich niedriger. Die Jahresmengen an Geflügelfleisch können - nach den gegenwärtigen Lieferungen zu urteilen - durchaus eine Größenordnung von 200.000 Tonnen erreichen. Seitens der Wirtschaftsbeteiligten bestehen zusätzliche Bedenken, weil die Lieferwege wenig transparent sind und die ukrainischen Produzenten eher keinen beziehungsweise wenig Nutzen erzielen. Brasilien, größter Drittlandsanbieter von Geflügel, lieferte nach Angaben der EU-Kommission im Jahr 2021 etwa. 250.000 Tonnen in die Union, gefolgt von Thailand mit 130.000 Tonnen. Damit könnte die Ukraine künftig auf Platz 2 der Exporteure rangieren. Dass sich Unmut bei den hiesigen Produzenten zeigt, ist nachvollziehbar.
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