NGW wirft Berlin politische Unvernunft vor

05 Oktober 2022
Verbände
Mais und Gänse

Mit ungewöhnlich scharfen Worten ist der Verband Niedersächsische Geflügelwirtschaft (NGW) die Agrarpolitik der Bundesregierung angegangen. „Wider jede betriebswirtschaftliche und politische Vernunft wird dennoch die Transformation der deutschen Geflügelhaltung ohne Folgenabschätzung und notwendige Übergangsfristen auch in der aktuellen Problemlage weiter vorangetrieben“, heißt es in einem gerade veröffentlichten „Wegweiser“ des NGW für die Politik und den Lebensmitteileinzelhandel (LEH). Verdrängt werde bewusst oder unbewusst die Tatsache, dass ohne ökonomische Gewinne keine betrieblichen Investitionen möglich seien - auch nicht in mehr Tierwohl.

Stallumbau- oder Neubauten scheiterten im Übrigen nicht nur an mangelnden Finanzierungsmitteln, sondern auch an den notwendigen Baugenehmigungen, stellt der NGW fest. So scheiterten an diesen Widersprüchen am Ende auch die innovationsbereiten Tierhalter; sie zweifelten inzwischen an Logik, Staat und Zukunft. Das liege auch daran, dass die Inhalte der Transformation viel zu oft und viel zu vordergründig von Positionen schlagkräftiger Nichtregierungsorganisationen, bestimmten Politikern und Parteien und von um die Verbrauchergunst buhlenden Unternehmen des LEH beeinflusst würden.

Elite Denken ist nicht der Maßstab!

Auch die Medien beteiligten sich, wenn es darum gehe, Elite-Denken zum alleinigen Maßstab zu machen, auch wenn dies nicht der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung oder wissenschaftlichen Fakten entspreche, moniert der NGW. Reale Notwendigkeiten in der praktischen Tierhaltung und Verarbeitung von tierischen Produkten gerieten dabei immer häufiger aus dem Fokus. Andererseits werden laut dem Verband zum Beispiel Vegetarismus und Veganismus, die gegenwärtig nur einen Bruchteil des Lebensmittelmarktes ausmachen, ohne Folgenabschätzung zum allgemeinen Leitbild erhoben. Das verunsichere sowohl die Erzeuger von tierischen Lebensmitteln als auch viele Verbraucher.

Mehr Realitätsbezug und Fachwissen nötig

Der eigenen Ideologie und entsprechenden Parteiprogrammen folgend würden die ohne Frage zukunftsentscheidenden Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit „fachlich oberflächlich“ zu häufig dafür genutzt, die Biohaltung von Tieren als entscheidenden Lösungsansatz zu propagieren - wohlwissend, dass es so einfach nicht sei und Bio auch nicht pauschal nachhaltiger sei. Ein hoher Flächenbedarf und geringe Erträge seien als Patentrezept wenig geeignet, für die zukünftige Welternährung zu sorgen. Bioackerbau ohne den Dung der Tiere gehe „eben auch nicht“, stellt der NGW klar.

Der Verband fordert von der Politik wieder mehr Realitätsbezug und Fachwissen. Letzteres gelte schon seit Jahren für die konkreten Empfehlungen des Kompetenzkreises Nationale Nutztierstrategie der Borchert-Kommission. Sie seien der in Fachkreisen anerkannte und für die Politik geeignete Wegweiser. Die Empfehlungen machten klar, dass eine erfolgreiche Transformation im Bau- und Emissionsrecht und in der finanziellen Absicherung der tierhaltenden Betriebe einen langfristig gesicherten staatlichen Rahmen brauche. 

Geflügelnews, AgE
Bild: Niedersächsische Geflügelwirtschaft

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