Kredite: „Wir werden künftig mehr von Ihnen wissen wollen“

10 März 2023
Dienstleister
Legehennenstall Neubau

Als landwirtschaftlicher Unternehmer, der neue Projekte plant, braucht man Finanzmittel. Banken schauen genau hin, bevor sie Kredite bewilligen. Das Thema Nachhaltigkeit wird dabei künftig auch beleuchtet werden.

Wer als Landwirt oder Landwirtin einen neuen Stall bauen möchte, in eine Photovoltaikanlage investieren oder seine Biogasanlage erweitern will, braucht in der Regel Geld von der Bank. Ob ein Projekt kreditwürdig ist, wird anhand verschiedener Kriterien abgewogen. Das Rating entscheidet auch (mit) über die Höhe der Zinsen.
Künftig wird beim Rating das Thema Nachhaltigkeit stärker mit beleuchtet werden. Warum das so ist und was das für den Landwirt vor dem Gang zur Kreditbank bedeutet, erläuterte Christopher Braun von der DZ-Bank auf der diesjährigen DLG-Wintertagung. Christopher Braun verantwortet den Agrarbereich der DZ-Bank. Etwa 50 % aller Agrarkredite in Deutschland werden über eine der 750 zur Genossenschaftlichen Finanzgruppe gehörenden Volks- und Raiffeisenbanken vergeben.

Wirtschaftlichkeit steht als Kriterium weiter obenan

Keinen Zweifel ließ Braun daran, dass bei einer Kreditvergabe auch künftig die wichtigsten Kriterien die Wirtschaftlichkeit und die Kapitaldienstfähigkeit eines Projektes bleiben werden: „Daran wird sich nichts ändern!“ Aber: Wenn ein Betrieb oder sein geplanter Stallneubau in Sachen Nachhaltigkeit nachvollziehbar gut bewertet ist, kann sich das künftig positiv auf die Kreditkonditionen auswirken. Konkret in der Praxis würde das beispielsweise heißen, dass ein neuer Legehennenstall für Haltungsstufe 4 besser geratet wird als einer für die Haltungsstufe 1. Ein Rating in Bezug auf Nachhaltigkeit umfasst die drei Bereiche Umwelt, Ökonomie und Soziales (ESG-Score=Environmental/Governance/Social). Verschiedene Organisationen in Deutschland wie die DLG oder die Landwirtschaftskammern befassen sich mit entsprechenden Zertifizierungen.  
Treiber dafür, dass das Thema Nachhaltigkeit künftig stärkeres Gewicht bekommen soll, ist die EU-Politik. Der „Green Deal“ besagt bekanntlich, dass die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsraum der Welt werden will. Die „Farm to Fork“-Strategie hat darin u. a. das Ziel formuliert, dass 25 % der landwirtschaftlichen Flächen bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Um den „Green Deal“ zu erreichen, sind milliardenschwere Investitionen von öffentlicher Hand, aber eben auch von Unternehmen nötig. Die sogenannte „EU-Taxonomie“ ist dabei das Klassifizierungsinstrument zur Bewertung, wie nachhaltig eine Branche, ein Unternehmen oder ein Projekt ist.
Zur Umsetzung des „Green Deals“ sind Banken aufgefordert, über ihre Kreditvergabepraxis nachhaltige Maßnahmen oder Projekte zu fördern.  

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz greift

Laut Christopher Braun ist heute die EU-Taxonomie aber noch nicht die treibende Kraft, dass landwirtschaftliche Betriebe dokumentieren müssen, wie nachhaltig sie sind. Diese treibende Kraft ist zumindest für einige Bereiche der Landwirtschaft aktuell aber schon das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Zum Beispiel sind Molkereien berichtspflichtig bezüglich ihrer Nachhaltigkeit. Diese Berichtspflicht gilt für Unternehmen mit mehr als 20 Mio. € Bilanzsumme oder mehr als 40 Mio. € Umsatz oder mehr als 250 Mitarbeitern. Die Lieferanten der Molkereien, sprich Milchvieh haltende Betriebe, werden laut Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mit in die Pflicht genommen, Informationen zur Nachhaltigkeit ihres Betriebes abzugeben. „Von der Seite kommt heute der Druck auf die Landwirtschaft,“ so Christopher Braun.  
Bei den Volks- und Raiffeisenbanken werden die Agrarberaterinnen und Agrarberater in Kürze mit einem -wenn auch recht kurzen- Fragebogen arbeiten, wenn es um die Kreditvergabe in die Landwirtschaft geht. Dieser Fragebogen soll den Nachhaltigkeitsstatus des potenziellen Kreditnehmers erfassen. Grundsätzlich wird für alle Betriebe nach der GAP-Förderfähigkeit gefragt. Darüber hinaus gibt es für die Tierhaltung weitere Fragen zur Haltungsform. Ist ein Betrieb GAP-fähig und die Fragen zur Tierhaltung dokumentieren Zukunftsfähigkeit, so Braun, dürfte das eine geplante Finanzierung erleichtern.

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Christa Diekmann-Lenartz

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