„Wir kommen aus der Zeit des Überschusses in eine Phase der Knappheit!“, analysierte der Vorstandsvorsitzende der Agravis Raiffeisen AG, Dr. Dirk Köckler, auf der International Poultry Conference im Rahmen der EuroTier 2022 in Hannover die Auswirkungen der Ukrainekrise auf die Handels- und Warenströme an den Rohstoffmärkten.
Köckler: „Wir müssen lernen, mit knappen Ressourcen wirtschaftlich nachhaltig umzugehen“
„An den Handels- und Warenströmen der Agrarrohstoffe vollzieht sich derzeit ein Paradigmenwechsel“, sagte der Agravis-Chef. Der Ukraine-Krieg habe zu vielfältigen Kostensteigerungen bei Rohstoffen und Energie sowie zu einer angespannten Lage bei den Lieferketten und in der Logistik geführt. Ein wesentlicher Treiber für das Geschäft seien die extrem hohen Energiepreise. Sie beeinflussten die Wettbewerbsfähigkeit sehr negativ. „Um die Warenversorgung für 80 Millionen Menschen in Deutschland sicherzustellen, müssen wir außerdem lernen, mit knappen Ressourcen wirtschaftlich nachhaltig umzugehen“, sagte Köckler, „denn wir kommen aus der Zeit des Überschusses in eine Phase der Knappheit!“
Volatile Preise für Agrarrohstoffe
Mit Blick auf die angespannte Energiesituation beschäftigt sich das Agrarhandelsunternehmen laut Köckler derzeit intensiv mit möglichen Szenarien, insbesondere für die energieintensiven Futtermittelstandorte. Eine Bündelung der Aktivitäten sei hier ebenso vorstellbar wie ein vorübergehender Verzicht auf das Pelletieren des Futters. Fest stehe aber: „Die Landwirtschaft und unsere genossenschaftlichen Partner können auf den Versorgungsauftrag der Agravis vertrauen. Alle Futtermittelwerke seien gegenwärtig lieferfähig, so dass die Kunden in der Region ihre Tiere auch weiterhin mit Futter versorgen könnten. Die Auswirkungen seien beherrschbar, allerdings wären hohe und volatile Preise für die Agrarrohstoffe und Energie fordernd.
Insbesondere der Mais unterliegt nach den Worten des Agravis-Chefs einer sehr starken Volatilität. „Mais ist derzeit wirklich sehr knapp und wir freuen uns über jedes Schiff, dass den Bosporus durchquert. Wir brauchen den Mais der Ukraine einfach.“ Nach Aussagen von Dr. Dirk Köckler hängt dies unter anderem mit der Situation in Nordamerika und der dortigen Verarbeitung von Mais zu Bioethanol zusammen. „Das ist ein Riesenpreistreiber am Maismarkt. Über 100 Millionen Tonnen Mais werden in Nordamerika zu Bioethanol verarbeitet, das ist eine Riesenmenge. Zum Vergleich: In Deutschland werden 40 Millionen Tonnen Getreide insgesamt geerntet.“
Vorsorglich mit Mais eindecken
„Das zeigt, wieviel Rohstoffe dem Lebensmittelmarkt entzogen werden“, so Köckler. Der Agravis-Chef schätzt, dass der Run auf Biodiesel aus Mais und Soja in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. „Hier sind wir als Agrarhändler Getriebene und leben so ziemlich von der Hand in den Mund.“ Ohne Mais lasse sich in der Tierernährung nun mal keine Geflügelfütterung abbilden. „Wenn es bezahlbar ist, würde ich mich mit entsprechenden Mengen bis in das Jahr 2023 eindecken und die Warenverfügbarkeit absichern, auch in Erwartung solider Geflügelpreise.“
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