Landwirte und Hausbesitzer müssen 2022 höhere Grundsteuern zahlen. Teilweise sind die Steuererhöhungen zweistellig. Der Grund: Viele Gemeinden erhöhen die so genannten Hebesätze für die Grundsteuer A (Landwirte) und Grundsteuer B (Hausbesitzer). In vielen Kommunen steigt die Grundsteuer sogar zweistellig. Das gilt im Übrigen oft auch für die Gewerbesteuer.
Eigentlich hatte die Politik versprochen, die Grundsteuer im Rahmen der bis 2025 geplanten Reform der Grundsteuer neutral zu halten. Doch davon ist nun keine Rede mehr. In vielen Gemeinden und Kommunen haben Corona und die massiven Folgen für Wirtschaft, Sozialsysteme und Verwaltung riesige Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen. Und: die Grund- und Gewerbesteuern sind die wichtigsten Einnahmenquellen der Kommunen. An denen sich auch schnell mal drehen lässt.
Und die Erhöhungen haben es in sich: So berichtet etwa der Rhein-Sieg-Anzeiger, dass der Hebesatz für die Gemeinde Lohmar bei Köln von 620 auf 790 v.H steigt. Auch die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen steigt dort von 315 auf 400 v.H. und die Gewerbesteuer wird von 485 auf 500 v.H. erhöht. „Es gebe angesichts der Corona-Folgen und der Einbrüche in der Wirtschaft keinen anderen Weg, um die Finanzen im Griff zu halten, sagte der dortige Kämmerer Marc Beer: „Damit werden keine Überschüsse erwirtschaftet.“
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hatte das in einer Umfrage unter den deutschen Kommunen bereits 2021 kommen sehen. Doch nun ziehen die Grundsteuern für Landwirte und Hausbesitzer – und wohl auch für Gewerbetreibende – in vielen Kommunen noch weitaus kräftiger an als erwartet.
Leere Kassen und stark steigende Gewerbesteuern
Zwischen 2014 und 2019 hatten sich die Grundsteuern in vielen deutschen Städten und Gemeinden nur wenig verändert. Erst im Corona-Jahr 2020 kam die Trendwende: Jede zehnte Kommune erhöhte den Hebesatz für Grundsteuer A und B. Und 2022 soll es vielerorts noch deutlich teurer werden, hat die EY-Umfrage gezeigt und das bestätigen auch die aktuellen Meldungen aus den Kommunen. Der Anteil der deutschen Kommunen mit einem niedrigen Hebesatz zur Grundsteuer B (von unter 300) ist gegenüber 2005 von 22 auf aktuell nur noch 4 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist der Anteil der Kommunen mit einem hohen oder sehr hohen Hebesatz zur Grundsteuer B (von über 350 Prozent) von 20 auf 75 Prozent sprunghaft angestiegen. Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der deutschen Städte und Gemeinden. Die Grundsteuer A erheben die Kommunen auf land- und forstwirtschaftliche Flächen, die Grundsteuer B auf bebaute bzw. bebaubare Grundstücke. Berechnet wird die Grundsteuer - vereinfacht ausgedrückt - aus der Kombination des Einheitswertes und dem sogenannten Hebesatz. Der Einheitswert wird vom Finanzamt festgelegt und bezieht sich unter anderem darauf, ob das Grundstück bebaut ist oder nicht. Damit verrechnet wird ein sogenannter Hebesatz, den die Kommunen selbst festlegen und bei dem es regional große Unterschiede geben kann. Die Kommunen sind auch die Empfänger der Steuereinnahmen.
Viele Kommunen werden Grundeigentümer abkassieren
„Wer nicht wolle, dass wichtige Gewerbesteuer-Zahler abwandern, werde zunächst die Grundsteuer heraufsetzen“, sagte Mattias Schneider, Leiter des Bereichs Gouvernement & Public Services bei der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY), im Sommer 2021 gegenüber dem Medienportal Heise. Während zwischen 2014 und 2019 der Anteil der Kommunen, die den Hebesatz erhöht haben, rückläufig war, kam mit der Coronakrise 2020 die Trendwende: Bundesweit drehte jede zehnte Kommune an der Grundsteuer-Schraube – und laut Schneider dürften die Auswirkungen der Pandemie mit weiteren Verschlechterungen der Finanzlage auch in den kommenden Jahren Grundsteuererhöhungen auslösen.
Und im neuen Jahr wird es vielerorts noch teurer. So kommen nach einer Umfrage etwa in mehreren baden-württembergischen Kommunen auf Haus- und Grundstückseigentümer deutlich höhere Abgaben zu. Nach Angaben des Steuerzahlerbunds plant ein Fünftel von mehr als 100 Städten mit mindestens 20.000 Einwohnern eine Steuererhöhung. So berichtet etwa der SWR dieser Tage, dass die Stadt Worms die Grundsteuer B im Schnitt um 17 Prozent erhöhen will. Demnach steigt der Hebesatz der Grundsteuer B um 80 Punkte auf 550 Prozent, Ähnliches berichtet die Badische Zeitung aus einer kleinen Gemeinde im Landkreis Lörrach: Dort steigt der Hebesatz der Grundsteuer A um 30 Punkte auf 370 Prozentpunkte. Der Hebesatz der Grundsteuer B wird ebenfalls um 30 auf 350 Prozentpunkte angehoben. Der Hebesatz der Gewerbesteuer wird um zehn auf 360 Prozentpunkte nach oben gesetzt. Und so geht es landauf landab. Der Chef des Bundes der Steuerzahler, Zenon Bilaniuk, sagte dazu: "In schwierigen und herausfordernden Zeiten wie diesen sind höhere Steuern definitiv der falsche Ansatz." Angesicht der Kostenexplosion in der Landwirtschaft und der geradezu galoppierenden Inflation kann man dem nur zustimmen.
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