„Gemeinsam mit der Lebensmittelwirtschaft lässt sich im Tierschutz viel bewegen“, sagt Mahi Klosterhalfen. Geflügelnews und Caspar von der Crone (CD Consulting) sprachen mit dem Präsidenten der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt über seinen Ansatz, den Tierschutz in der Nutztierhaltung voranzubringen. Das Interview drehte sich auch um die Europäische Masthuhn-Initiative und ihren Beitrag, Druck aus dem bislang praktizierten System der Hähnchenmast herauszunehmen.
„Gemeinsam mit der Lebensmittelwirtschaft lässt sich im Tierschutz viel bewegen!“
Geflügelnews: Herr Klosterhalfen, was verbirgt sich hinter der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt und was will sie bewirken?
Die Albert Schweitzer Stiftung wurde im Jahr 2000 von Wolfgang Schindler gegründet. Der Unternehmer und Rechtsanwalt wollte im Tierschutz etwas bewegen und legte schon früh seinen Fokus auf die Haltung von Nutztieren. Er war es auch, der das Bundesverfassungsgericht davon überzeugte, dass die Käfighaltung von Legehennen nicht verfassungskonform ist. Ich selbst fing im Jahr 2008 hauptamtlich bei der Stiftung an zu arbeiten und baute über die Jahre ein Team von rund 40 Mitarbeitern in Deutschland und Polen auf. Mein Ziel war es von Anfang an, einen neuen Ansatz in den Tierschutz in Deutschland hineinzubringen. Ich wollte mit der Lebensmittelwirtschaft zusammenarbeiten, weil ich schon früh den Eindruck hatte, dass sich hier im Tierschutz viel bewegen lässt.
Geflügelnews: Es ist ein spannender Ansatz, als Tierschützer gemeinsam mit der „anderen“ Seite etwas bewegen zu wollen. Das war, so scheint es, bisher weniger geläufig.
Den Hebel, mit den Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zusammenzuarbeiten, hatte die Bewegung damals gar nicht so auf dem Schirm. Doch wir wollten - und wollen immer noch - konstruktiv mit den Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zusammenarbeiten, wenn es irgendwie geht. Wenn wir dies allerdings lange erfolglos versuchen, arbeiten auch wir mit Kampagnen.
Caspar von der Crone, CD Consulting: Gemeinsam mit dem Tierschutz haben wir in der Vergangenheit schon viel erreicht. Dazu zähle ich das Verbot der Käfighaltung, das Verbot des Schnabelkürzens bei Legehennen oder auch das Thema der Geschlechtsselektion im Brutei.
Ja, das stimmt. Oft kommt es auch auf den richtigen Zeitpunkt an. So war es zum Beispiel bei der Käfighaltung. Als der Ausstieg aus den Legebatterien sowie aus den ausgestalteten Käfigen nach EU-Norm beschlossen war, verunsicherte das damals viele Landwirte. Sie wussten nicht, in welches Haltungssystem sie investieren sollten: Kleingruppen-Käfige oder alternative Haltungsformen. Und Aldi-Nord hatte seine Käfigeier bereits aus dem Sortiment ausgelistet, als wir mit dem Lebensmitteleinzelhandel ins Gespräch kamen und ihn um ein klares Signal an den Markt baten, aus jeglicher Form von Käfighaltung auszusteigen. Das hat uns sehr geholfen und zeigt aus meiner Sicht, wie wichtig es ist, mit der Wirtschaft zu arbeiten. Dort werden die Realitäten geschaffen. Und leider haben wir in den letzten Jahrzehnten eine Politik gehabt, die nur reagiert und nicht gestaltet hat.
Caspar von der Crone, CD Consulting: Gemeinsam mit dem Tierschutz haben wir in der Vergangenheit schon viel erreicht. Dazu zähle ich das Verbot der Käfighaltung, das Verbot des Schnabelkürzens bei Legehennen oder auch das Thema der Geschlechtsselektion im Brutei.
Ja, das stimmt. Oft kommt es auch auf den richtigen Zeitpunkt an. So war es zum Beispiel bei der Käfighaltung. Als der Ausstieg aus den Legebatterien sowie aus den ausgestalteten Käfigen nach EU-Norm beschlossen war, verunsicherte das damals viele Landwirte. Sie wussten nicht, in welches Haltungssystem sie investieren sollten: Kleingruppen-Käfige oder alternative Haltungsformen. Und Aldi-Nord hatte seine Käfigeier bereits aus dem Sortiment ausgelistet, als wir mit dem Lebensmitteleinzelhandel ins Gespräch kamen und ihn um ein klares Signal an den Markt baten, aus jeglicher Form von Käfighaltung auszusteigen. Das hat uns sehr geholfen und zeigt aus meiner Sicht, wie wichtig es ist, mit der Wirtschaft zu arbeiten. Dort werden die Realitäten geschaffen. Und leider haben wir in den letzten Jahrzehnten eine Politik gehabt, die nur reagiert und nicht gestaltet hat.
Geflügelnews: Wie viele Landwirte machen denn bereits mit? Und wie viele Produzenten beteiligen sich?
Da habe ich keine genaue Zahl. Ich fange mal von hinten an: Unsere Arbeit beginnt bei den Großabnehmern wie der Gastronomie, dem Lebensmitteleinzelhandel oder den Herstellern von Fertigprodukten. Hier beteiligen sich Stand heute weltweit 555 Unternehmen an der Masthuhn-Initiative. In Deutschland sind es 92 Unternehmen. Darunter sind so namhafte Vertreter wie Aldi, Bünting, Globus oder Tegut aus dem LEH sowie Unilever, Dr. Oetker, Sodexo, Compass, Aramark und KFC aus den anderen Branchen. Diese Unternehmen senden das Signal an die Produzenten wie Wiesenhof oder Plukon, dass sie Fleisch der Masthuhn-Initiative abnehmen wollen. Mittlerweile erfüllt Wiesenhof mit seinem Privathof-Konzept alle Kriterien der Masthuhn-Initiative. Andere Produzenten wie Plukon, Danpo oder BPI liefern ihren Kunden Fleisch, dessen Erzeugung exakt auf die Kriterien der Masthuhn-Initiative abgestimmt ist. Auf diese Weise kommen auch die Landwirte hinzu.
Geflügelnews: So eine Umstellung ist ein langer Prozess.
Genau. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Deshalb haben wir den Zeitraum auch bis 2026 gespannt. Einige Unternehmen sind bislang noch gar nicht in der Umstellung, andere fangen gerade an. Das ist ein Prozess.
Geflügelnews: Wenn Landwirte ihre Haltungsstandards verbessern, müssten sie den zusätzlichen Aufwand am Markt auch entlohnt bekommen. Geld verdienen wollen doch alle und Landwirte sollten dies auch dürfen.
„Bei den Puten sehen wir schwarz“
Im zweiten Teil des Interviews wird unter anderem erörtert, warum die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt für die Putenhaltung in Deutschland keine Chance sieht. Weitere Themen sind die kontinuierliche Verbesserung der Standards in der Nutztierhaltung und der Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zur Haltungskennzeichnung.
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